Kein Heim-Finale Verträumte Berliner halten Druck nicht stand — Spott von Watzke

Berlin · Dem großen Pathos vor dem Spiel ließ Hertha BSC im Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund keine Taten folgen. Die Gastgeber waren dem designierten Vize-Meister beim 0:3 hoffnungslos unterlegen.

 Enttäuschte Gesichter bei den Hertha-Profis.

Enttäuschte Gesichter bei den Hertha-Profis.

Foto: dpa, htf hak

Pal Dardai hätte sich so gerne eine Kleinigkeit gegönnt. Für den Einzug ins Finale des DFB-Pokal wollte er sich mit einer neuen Armbanduhr belohnen. "Als ich mein erstes Bundesligator gemacht habe", erzählt der Trainer von Hertha BSC, "habe ich mir eine Uhr gekauft. Das hätte ich jetzt gerne wiederholt."

Hätte, hätte, hätte. Man hätte sich noch so viele Wünsche überlegen können, so phantasiereich und groß wie man eben in der Hauptstadt gerne träumt. An diesem Abend gegen Borussia Dortmund war allerdings schnell klar, dass es nichts werden würde mit der Realisierung. Denn die Gäste aus Westfalen waren ein paar Nummern zu groß und stehen durch den 3:0-Erfolg nun am 21. Mai im Finale gegen den FC Bayern München.

Dardai hatte indes schnell ausgemacht, woran es gelegen haben könnte, dass sein Team derart unterlegen war. Man sei mit der Drucksituation nicht zurecht gekommen. Es ginge nicht, ließ der Ungar wissen, von einer Mannschaft zu erwarten, dass sie sich von einem Prozent am Anfang der Saison sofort auf 100 entwickeln könne. Das ist in großen Teilen allerdings ein selbst geschaffenes Problem. Berlin nämlich hatte die Partie in den vergangenen Wochen zum Spiel mit besonderer Bedeutung erhoben und das mit maximal viel Pathos aufgebauscht. Die Profis von Hertha BSC haben schließlich seit der festen Austragung in Berlin 1985 nie den Sprung ins Endspiel geschafft. Auf dem Platz war dann von Euphorie nichts mehr zu spüren. Hertha ließ sich von Dortmund über das Feld treiben. Das heimische Publikum im seit langem mal wieder ausverkauften Olympiastadion war schon restlos entzückt, wenn das eigene Team es mal über die Mittellinie schaffte.

Sicherlich waren Unerfahrenheit und die Drucksituation Gründe für die Niederlage. Der viel profanere liegt allerdings in der Qualität der beiden Kader. Die offenbarte einen Klassenunterschied. Immerhin standen sich der Tabellenzweite (BVB) und der Tabellenvierte (Hertha) gegenüber. Aber was hat das schon für eine Aussagekraft — schließlich trennen sie in der Liga stattliche 22 Punkte. "Dortmund war einen Tick zu schnell für uns, jeder Angriff von ihnen war gefährlich", urteilte Dardai. Dass es dann nicht wenigstens statt Klasse zu etwas mehr Kampf im Halbfinale gereicht hat, versuchte er so zu erklären: "Es ist nicht unsere Art, mit Gewalt alles kaputt zu treten. Wir sind eine Mannschaft mit Fußballkultur, wir wollen keine Treterei, sondern unser Spiel spielen. Wir sollten jetzt nicht alles schlecht reden. Unser Ziel ist ein Platz für das internationale Geschäft — vielleicht sogar in der Champions League."

Im Lager der Dortmunder zeigte man sich vom Finaleinzug erleichtert, war allerdings auch eifrig um die richtige Einordnung bemüht. "Es ist sehr wichtig, das Finale zu spielen", befand Thomas Tuchel, der Dortmunder Trainer. "Ich weigere mich aber, die Bewertung der Saison nur von einem möglichen Titelgewinn abhängig zu machen." Tuchel machte gleichwohl deutlich, nicht duckmäuserisch in die Partie gehen zu wollen, "in der wir uns darauf vorbereiten, die Bayern zu schlagen. Es ist unser Anspruch gewesen, dieses Finale zu erreichen, dann wollen wir auch den letzten Schritt gehen."

Für Dardai könnte derweil doch noch einer seiner persönlichen Träume in Erfüllung gehen. "Als ich gelesen habe, dass der gegnerische Trainer schon darüber philosophiert hat, welche Uhr er sich kauft, da wusste ich schon, dass wir eine gute Chance haben", wetterte der BVB-Boss Hans-Joachim Watzke. "Ich schicke ihm jetzt eine BVB-Uhr, dann hat er noch ein Andenken an den Abend. Ich habe das als total deplatziert und respektlos empfunden."

Vielleicht darf man sich auch etwas für Watzke wünschen: mehr Gelassenheit.

(gic)
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