Knappes Aus gegen Leverkusen Magdeburg jubelt über "Pokalschlacht für die Geschichtsbücher"

Magdeburg · Gezeichnet von 120 Minuten Kampf und zwei vergebenen Matchbällen im Elfmeter-Krimi schleppten sich die verhinderten Pokal-Helden des 1. FC Magdeburg mit letzter Kraft in die Kabine.

 Da war die Welt noch in Ordnung: Die Magdeburger Spieler während eines erfolgreichen Versuchs im Elfmeterschießen.

Da war die Welt noch in Ordnung: Die Magdeburger Spieler während eines erfolgreichen Versuchs im Elfmeterschießen.

Foto: dpa, jew jai

Die Enttäuschung über die nur haarscharf verpasste Sensation gegen Bundesligist Bayer Leverkusen währte aber nur kurz. Am Ende überwog beim viertklassigen Regionalligisten der Stolz darüber, den Champions-League-Teilnehmer in der zweiten Runde des DFB-Pokals an den Rand einer Niederlage gebracht zu haben.

"Wir haben eine richtige Pokalschlacht geliefert", sagte FCM-Trainer Jens Härtel nach dem knappen 4:5 im Elfmeterschießen (2:2, 1:1, 1:1 n.V.) stolz. Auch der Stadionsprecher ließ unter den 23.855 Zuschauern erst gar keine Trauerstimmung aufkommen und verkündete Sekunden nach dem Abpfiff: "Diesen Abend werden wir in unsere Geschichtsbücher schreiben."

Die Historie des FCM ist durchaus ruhmreich, Glanztaten wie der Europacupsieg 1974 liegen allerdings schon Jahrzehnte zurück. Am Mittwochabend brachte sich der Pokal-Rekordsieger der ehemaligen DDR mit einer famosen Energieleistung ins Gedächtnis der Fußballfans zurück. "Ich habe selten eine Mannschaft so aufopferungsvoll kämpfen gesehen", schwärmte selbst Bayer-Sportchef Rudi Völler: "Das war beeindruckend."

Was aber die Leverkusener nach der frühen Führung durch Freistoß-Spezialist Hakan Calhanoglu (3.) abgeliefert hatten, kritisierte Bayer-Trainer Roger Schmidt unverhohlen als "fahrlässig". Völler nahm seine Millionenstars, die Kyriakos Papadopoulos (116.) erst noch ins Elfmeterschießen retten musste, dagegen in Schutz: "Wir müssen uns für diesen Sieg nicht schämen. In Unterzahl haben wir viel Herz gezeigt."

Bayer 04 Leverkusen: Heung-Min Son sieht nach Tätlichkeit in Magdeburg Rot
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Son sieht nach Tätlichkeit in Magdeburg Rot

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Bei Offensivspieler Heung-Min Son hatte sich der Frust dermaßen angestaut, dass er sich zu einer Tätlichkeit gegen Silvio Bankert hinreißen ließ (78.). Danach zeigte der Südkoreaner dem vierten Offiziellen auch noch den Vogel. Dass Bayers fünfter Platzverweis keine schlimmeren Folgen hatte, lag an Torhüter Bernd Leno, der seinen Fehler beim ersten Gegentreffer durch Christoph Siefkes (28.) im Elfmeterschießen mit drei Paraden wettmachte und damit den Rheinländern den Weg ins Achtelfinale gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern ebnete. "Deswegen ist Bernd auch der zweitbeste Torwart in Deutschland", meinte Völler.

Den Magdeburgern spielten die Nerven dagegen einen Streich. Nicolas Hebisch und Niklas Brandt, der das Stadion mit seinem wuchtigen Distanzschuss zum 2:1 (111.) in ein Tollhaus verwandelt hatte, vergaben vom Punkt nacheinander zwei Matchbälle. Vorwürfe aus der Mannschaft gab es aber keine, auch wenn das Magdeburger Pokalmärchen nach dem Auftaktsieg gegen Erstligist FC Augsburg ein bitteres Ende gefunden hat.

Bayer 04 Leverkusen beim 1. FC Magdeburg: die Bilder des Spiels
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Magdeburg - Bayer

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"Das war eine Riesenleistung von uns", sagte Abwehrchef Steffen Puttkammer: "Wenn mir das vorher einer erzählt hätte, hätte ich das sofort unterschrieben." FCM-Coach Härtel ergänzte nüchtern: "Im Fußball werden die Geschichten immer von hinten erzählt. Und da steht, dass wir verloren haben."

Nach dem Pokal-Highlight wartet nun wieder der Regionalliga-Alltag auf die Magdeburger, und der sieht mehr als trist aus. Als Tabellenzehnter liegt der Traditionsklub weit hinter den Erwartungen zurück. "Wenn wir mit so einer Leidenschaft wie gegen Leverkusen spielen", sagte Härtel, "sind wir in der Regionalliga kaum zu schlagen."

(sid)
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