Pfiffe beim Pokalfinale Protest gegen eine durchkomponierte Kommerzshow
Meinung | Berlin · Die Pfiffe und Proteste der Fußball-Fans im Berliner Olympiastadion waren nicht zu überhören und zu übersehen. Sie richteten sich nicht nur gegen Helene Fischer, sondern auch gegen den DFB. Ob der daraus Schlüsse zieht, ist damit aber nicht gesagt.
Der Protest hatte geschmackliche Grenzen, Vereinsgrenzen hatte er nicht. In seltener Einmütigkeit stimmten Dortmunder und Frankfurter Fans vor dem Pokalfinale in Berlin über den Veranstalter ab. Minutenlange Wechselgesänge, in denen der Deutsche Fußball-Bund von Herzen als "Scheiß DFB" und "Fußballmafia DFB" geschmäht wurde, untermalten das wie immer seltsame Auftaktprogramm zum stimmungsvollsten Spiel im deutschen Fußball.
Zu dröhnender Musik drehten sich Frauen in glänzenden Abendkleidern über den Rasen, und der frühere Eislauf-Weltstar Katarina Witt trug den Pokal in einer Feierlichkeit ins Stadion, zu der sonst nur die US-amerikanischen Profiligen in ihrer Inszenierungswut fähig wären.
Damit nicht genug. Genau wie beim Super Bowl in den Vereinigten Staaten sollte zur Pause in Berlin eine hiesige Göttin vom Schlagerhimmel hinabsteigen und für Unterhaltung sorgen. Helene Fischers "Atemlos durch die Nacht" ging jedoch in einem bitteren Pfeifkonzert unter. Daran beteiligten sich beileibe nicht nur sendungsbewusste antikapitalistische Ultra-Kampfgruppen, sondern viele, viele seriöse Fußballfreunde. Es war ihr Protest gegen eine durchkomponierte Kommerzshow. Zu überhören war er nicht. Ob der DFB daraus Schlüsse zieht, ist damit aber nicht gesagt. Erst wenn der Protest gegen die Künstlichkeit der Veranstaltung Profifußball Füße bekommt, die aus dem Stadion streben, wird über diese Entwicklung nachgedacht. Dann ist es wahrscheinlich zu spät.
Leider machten es vor allem die Dortmunder Pyrotechniker, die ihre Kurve wieder mal in Brand setzten, dem Verband leicht, dem Protest das Klischee "verirrte Geister" aufzukleben. Wer hinter Bengalos Transparente enthüllt, auf denen "Krieg dem DFB" steht, der ersetzt Protest durch kindischen Krawall.
Dass die Zündelei Gefahr für Leib und Leben bedeutet, und dass trotz deutlich erhöhter Sicherheitsmaßnahmen rund um die Arena Feuerwerkskörper in die Fanblöcke kamen, sind an diesem Tag nur Randaspekte. Traurige Randaspekte, die einem normalen Fußballfan den Spaß ebenfalls verleiden können.