Randale im DFB-Pokal Kriegsspiele im Stadion

Düsseldorf/Rostock · Offener Hass zwischen Ultras, "Krieg dem DFB"-Rufe, Raketenbeschuss, Brände. Das Pokalspiel zwischen Hansa-Rostock und Hertha BSC hat vor dem Start der Bundesliga auch die Politik auf den Plan gerufen.

DFB-Pokal: Partie in Rostock wegen massiver Pyrotechnik unterbrochen
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Pyrotechnik und Böller – Unterbrechung in Rostock

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Berlin Linken-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch sitzt Montag Abend selbst im Rostocker Ostseestadion und freut sich auf der Osttribüne, dass seine Hansa 70 Minuten lang als Drittligist mit den Gästen aus der Hauptstadt auf einer Augenhöhe kämpft. Doch dann leidet auch er mit Tausenden echter Fans, die fassungslos das hemmungslose Treiben vermummter Chaoten verfolgen und den Protestgesang anstimmen: "Und Ihr wollt Hansa Rostock sein?" Vorwürfe echter Fans.

"Randalierende Vollidioten haben den Abend kaputtgemacht", sagt Bartsch unserer Redaktion. Sie seien eine Bedrohung für den Fußball und seine wirklichen Fans. "Ich fordere Konsequenzen von den Vereinen, dem DFB und der Polizei", unterstreicht er und nennt als Stichworte "Stadionverbote, Verurteilung der Täter, Stärkung der Fanprojekte."

Dabei kam die Eskalation nicht überraschend. Das Spiel der Klubs mit in Teilen verfeindeten Fans war als Hochrisikoveranstaltung eingestuft, weswegen nach Hansa-Angaben 1700 Polizisten, 300 Ordner, Spürhunde und HD-Kameras im Einsatz waren. Und doch zündeten Berliner Fans schon kurz nach dem Anpfiff die ersten Bengalos, trieben Hansa-Anhänger die Provokation auf die Spitze, indem sie ein vor drei Jahren in Berlin gestohlenes Banner zerrissen und anzündeten. Auch Sitze steckten sie in Brand. Aus dem Hertha-Block kam die Antwort mit weiteren Bengalos und Raketen. Das Spiel wurde ein weiteres Mal unterbrochen. Es dauerte eine Viertelstunde, bis die Polizei im Block des Chaos einschritt, die Feuer gelöscht wurden.

Hansa steht unter Bewährung

Hansa-"Fans" sind berüchtigt für Gewalt und Randale. Ihr Verein steht unter Bewährung, muss für zahlreiche Vergehen zwei Auswärtsspiele ohne eigene Anhänger bestreiten. Da hätte nur ein vorbildliches Verhalten weitere drastische Strafen verhindern können. Doch in dieser Saison sind diese regionalen Auffälligkeiten unterlegt von einem wachsenden Konflikt zwischen DFB und Stadionbesuchern über harte Maßnahmen und vor allem wachsende Kommerzialisierung. Nicht nur Ultras pfiffen beim Pokalendspiel in Berlin die Showeinlagen mit Helene Fischer aus, und so gelingt es den potenziellen Krawallmachern, weite Teile des Publikums mit Aggression aufzuladen. An beiden bisherigen Zweitliga-Spieltagen und im DFB-Pokal gab es bei allen Spielen verabredete "Scheiss DFB"-Wechselgesänge zwischen den jeweiligen Fan-Lagern. Ein großer Teil der Zuschauer unterstützte sie. Von dort ist es nicht mehr weit zum neuen Motto der Ultras: "Krieg dem DFB".

Wie reagiert die Politik darauf? Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth ruft Polizei, Sicherheitsbehörden, Vereine und auch Fans auf, "gemeinsam klare Kante zu zeigen". Die Gewalt in den Stadien könne nur eingedämmt werden, wenn alle an einem Strang zögen. "Von besonderer Bedeutung ist es, gewaltbereite Chaoten frühzeitig am Stadionbesuch zu hindern", unterstreicht der CDU-Innenexperte. Stadionverbote und Meldeauflagen müssten "konsequent ausgesprochen und durchgesetzt" werden. CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann verlangt eine Distanzierung von den Ultras, die "auch Bezüge in die extremistische Szene insgesamt" hätten.

SPD-Fraktionsvize Eva Högl verweist darauf, dass das Abbrennen von Pyrotechnik verboten sei und eine große Gefahr für die Zuschauer darstelle. "Wir brauchen dringend konsequente Einlasskontrollen, um das Mitführen von Bengalos und Feuerwerkskörpern zu unterbinden", unterstreicht sie. Hinzu kommen müsse eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Vereinen, Verbänden, Polizei und Fankultur.

Özdemir nimmt DFB in die Pflicht

Grünen-Chef Cem Özdemir forderte, "entschlossen und mit Härte" gegen Randalierer vorzugehen. "Auch in Fankurven können wir keine rechtsfreien Räume akzeptieren", sagte Özdemir unserer Redaktion. Auf keinen Fall helfe jetzt aber blinde Repression. Die Grünen stünden auf der Seite des Fußballs und seiner echten Fans. "Gerade deshalb sehen wir den Fußball sowohl durch eine zunehmende Kommerzialisierung, aber auch durch gewaltbereite Gruppierungen bedroht", erläuterte Özdemir. Aus diesem Grund sieht er insbesondere den DFB "dringend gefordert".

Die Einsatzleitung der Polizei machte dem Verein schwere Vorwürfe. Polizeichef Michael Ebert vermutete, "dass das Banner über vereinseigene Strukturen und mit Wissen von Vereinsoffiziellen ins Stadion gelangen konnte". Hansa will die Umstände mit der Polizei zusammen aufarbeiten. Das nächste Problem des Vereins ist bereits publik. Obwohl die Hansa-Fans am 9. September in Magdeburg auf DFB-Geheiß nicht zuschauen dürfen, rühmten sie sich, schon an fast tausend Tickets gekommen zu sein.

(erer/may)
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