Fortuna-Ikone Albertz im Interview "Als Niederrheiner gönne ich beiden den Sieg"

Mönchengladbach · Er spielte in Borussia Mönchengladbachs Jugend, wurde aber erst bei Fortuna Düsseldorf Profi. Der ehemalige Fußballer Jörg Albertz sagt, warum ihm das Pokalspiel zwischen den Ex-Klubs zu früh kommt.

 Albertz im Trikot der Fortuna.

Albertz im Trikot der Fortuna.

Foto: /Imago

Jörg "Ali" Albertz ist Mönchengladbacher. Er wurde in Borussias Jugend groß, doch seine Karriere begann erst richtig bei Fortuna Düsseldorf. Im Interview mit Karsten Kellermann sagt der 46-Jährige, inwieweit beide Vereine für ihn von großer Bedeutung sind, warum er jetzt für die Gladbacher Traditionsmannschaft spielt und was für ihn der perfekte Saisonausgang wäre.

Herr Albertz, wie war es anfangs als Gladbacher für Fortuna zu spielen? Ein komisches Gefühl?

Albertz Überhaupt nicht. Ich hatte bei Borussia eine tolle Ausbildung genossen, aber den Sprung in die erste Mannschaft nicht geschafft. Dann kam das Angebot aus Düsseldorf. Darüber war ich sehr dankbar. So bekam ich die Chance, Profi zu werden und konnte zugleich zu Hause bleiben. Das war für mich als junger Spieler sehr wichtig.

Aber auch in Düsseldorf mussten Sie geduldig sein.

Albertz Die erste Saison war für mich ein Lehrjahr. Ich habe in der Hinrunde der Saison 1990/91 nur ein Spiel oben gemacht. Das war in Berlin. Und was passiert? Wir gewinnen 1:0 und der Ali macht gleich das Tor bei seinem Debüt. In der Rückrunde kam ich dann öfter zum Zug. Leider sind wir nach meiner zweiten Saison bei Fortuna abgestiegen. Ich bin dann zum HSV gegangen. Es war aber eine wichtige Zeit für mich unter Aleksandar Ristic bei Fortuna, er hat mir viel mit auf den Weg gegeben.

Wurden Sie in Gladbach als Seitenwechsler ein bisschen schräg angeguckt?

Albertz Nein. Ich war ja bei Borussia und ihren Fans gar nicht richtig im Fokus, weil ich oben ja keine Einsätze hatte. Ich habe mal mittrainiert, aber das war es auch schon. Insofern war das kein Problem. Als ich dann Stammspieler in Düsseldorf wurde, war ich ja schon über ein Jahr weg aus Gladbach.

Das heißt, in der Wahrnehmung waren Sie nie wirklich Borusse?

Albertz So kann man es sagen. Eher sehen es die Leute ja so, dass ich meine Karriere bei Fortuna begonnen habe, doch die Ausbildung in Gladbach war die Basis für mich. Darum bin ich beiden Vereinen sehr dankbar. Von daher ist es für mich auch gar nicht so leicht zu sagen, wem ich es im Pokalspiel gönne - die Frage wird ja sicher gleich noch kommen.

Stimmt. Aber erst mal ein Blick auf die Gegenwart. Nach Ihrer Karriere haben Sie sich wieder für Gladbach entschieden. Sie spielen für Borussias Traditionsteam, die Weisweiler Elf.

Albertz Ich bin gebürtiger Gladbacher, ich wohne ein paar Minuten vom Stadion entfernt, habe Vorspiele auf dem Bökelberg gemacht - Borussia war immer meine Jugendliebe, und es war immer mein Traum für den Verein zu spielen. Dass es im Endeffekt nicht geklappt hat, ist schade. Es kam mal ein Angebot, aber da lief es gerade sehr gut beim HSV, wo ich gerade spielte. Darum war es für mich kein Thema, zu Gladbach zu wechseln. Aber jetzt macht es mir Spaß, für die Weisweiler Elf zu spielen. So hole ich ein bisschen das nach, was ich während meiner Karriere verpasst habe.

Wie war es, als Gladbacher ein Derby gegen Borussia zu spielen?

Albertz Das gab es nur ein Mal. In den ersten drei Spielen zu meiner Düsseldorfer Zeit gegen Borussia war ich nicht im Kader. In dem Spiel kam ich zur Halbzeit rein. Es war sozusagen auch alles gut für mich, denn es gab ein 1:1 in der Saison 1991/92. Wer hat damals das Tor gemacht?

Ein anderer Ex-Borusse: Uwe Rahn.

Albertz Ja, Uwe. Er hat mich damals eine Zeit lang mitgenommen nach Düsseldorf, ich war da ohne Führerschein. Es ist ja normal, dass Spieler gegen ihren Ex-Verein treffen. Ich habe später für den HSV gegen die Borussen insgesamt drei Tore gemacht, einmal sogar ein Doppelpack.

Viele Spieler jubeln nicht, wenn Sie gegen den Ex-Verein treffen. Wie war das bei Ihnen?

Albertz Ich habe Tore gegen Gladbach nie als Genugtuung empfunden. Trotzdem war ich immer sehr ehrgeizig - ich wollte den Borussen schon ein bisschen zeigen, dass es ein Fehler war, mich nicht zu halten. Es sind grundsätzlich gemischte Gefühle. Aber warum sollte man nicht alles geben, wenn man gegen den Ex-Verein spielt? Die Art des Jubels zeigt aber vielleicht, wie das Verhältnis zum Ex-Verein war. Wenn man nicht jubelt, dann aus ehrlichem Respekt. Wenn der Jubel besonders extrem ausfällt, weiß auch jeder Bescheid. Hämisch sollte man aber nie sein. Das war jedenfalls meine Devise.

Wie haben Sie die Rivalität zwischen Gladbach und Düsseldorf empfunden

Albertz Ich muss ehrlich sagen, dass mich so etwas als Spieler kaum interessiert hat. Ich habe meine Arbeit gemacht, habe trainiert und gespielt, das war es. Trotzdem sind Derbys immer etwas Besonderes. Düsseldorf ist die größere Stadt als Gladbach, sportlich gesehen ist Borussia erfolgreicher als Fortuna. Aber für einen Niederrheiner sind das natürlich tolle Spiele - und man sollte sich freuen, wenn beide möglichst erfolgreich sind: Am besten beide Erste Liga, am besten beide ganz weit oben in der Tabelle. So sehe ich das im Moment.

Wie geht das Pokalspiel aus?

Albertz Das ist schwer zu sagen. Ich denke, es wird ein sehr enges Spiel, so wie vor fünf Jahren, als Fortuna 1:0 gewonnen hat nach Verlängerung. Ich hoffe, dass wir ein tolles Spiel sehen und am Ende die bessere Mannschaft gewinnt.

Borussia ist Favorit?

Albertz In einem Derby ist man immer auf Augenhöhe. Trotzdem ist Gladbach als Bundesligist Favorit und für Borussia wäre eine Niederlage ein Albtraum. Düsseldorf hat ja erstmal nichts zu verlieren, das ist ein Vorteil. Ich lege mich gar nicht fest: Beide Vereine sind in meinem Herzen - und ich gönne als Niederrheiner beiden den Sieg. Was ich schade finde ist, dass das Spiel schon so früh ausgelost wurde. Das wäre doch ein tolles Viertel- oder Halbfinale gewesen.

Im Pokal wird definitiv nur einer der beiden niederrheinischen Klubs weiterkommen. Was erwarten Sie von beiden in ihrer jeweiligen Liga?

Albertz Perfekt wäre es, wenn Borussia in die Champions League kommt und Fortuna aufsteigt. Fortuna hat sich sehr gut entwickelt. Friedhelm Funkel passt sehr gut zum Klub. Ich hoffe, dass es nicht wieder einen Knick gibt, wie schon öfter. Im Moment läuft aber alles rund, auch die Fans stehen hinter dem Team - das ist ja leider in Düsseldorf nicht immer so. Was Gladbach angeht: Wenn alles perfekt läuft, darf man dem Team sogar die Champions League zutrauen. Aber dafür muss alles passen, das hat sich auch schon gezeigt. Die Bundesliga ist sehr eng.

(RP)
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