Gezeter, Geld und Grabenkämpfe Rot-Weiß Erfurt versinkt im Chaos

Die Führungskrise bei Rot-Weiß Erfurt wird immer kurioser. Nach einem Machtwechsel im Präsidium kann der Verein die Spielergehälter nicht zahlen. Der einst stolze Drittligist versinkt im Chaos.

 Erfurts Ex-Präsident Rolf Rombach.

Erfurts Ex-Präsident Rolf Rombach.

Foto: dpa, te ase jhe fdt

Im Herzen Thüringens bröckelt die einst so stolze Fußball-Bastion Rot-Weiß Erfurt. Früher war der Traditionsverein eine geachtete Talentschmiede, die Nationalspieler wie Vizeweltmeister Thomas Linke oder Clemens Fritz hervorbrachte. Inzwischen steht der Drittligist vor den Trümmern seiner fast 52-jährigen Existenz. Von Insolvenz ist die Rede, Spielergehälter können nicht gezahlt werden, und ein undurchsichtiger Machtkampf zog zuletzt das Bild des Klubs in der Öffentlichkeit ins Lächerliche.

"Viel schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden, ich befürchte, dass es noch schlimmer wird, wenn die Faktenlage deutlicher wird", sagte Erfurts neuer Präsident Frank Nowag vor wenigen Tagen. Was er damit meinte, zeichnete sich schnell ab: Sportlich und wirtschaftlich steckt Rot-Weiß schon länger in der Krise. In der Liga ist die Mannschaft Letzter, Nowag bezifferte den Schuldenberg zuletzt auf über 6,5 Millionen Euro. Die Details sind alarmierend.

"Aktuell haben wir als Präsidium keinen Zugriff auf die Vereinskonten, sodass die Auszahlung der Spielergehälter nicht wie gewohnt erfolgen kann", teilte Nowag am Mittwoch mit. Der Grabenkampf mit seinem Vorgänger Rolf Rombach geht auch nach dessen Demission am vergangenen Freitag weiter.

Wie konnte es so weit kommen? Anfang November war Rombach vom Aufsichtsrat des Vereins entlassen worden. Die Finanzlage des Klubs sorgte für Unmut unter den Verantwortlichen. Rombach soll dem Aufsichtsrat laut Nowag nicht alle Unterlagen zum finanziellen Stand vorgelegt haben. Rombach behauptete stets, keine Unterlagen vorenthalten zu haben.

Die Zustände wurden zunehmend chaotisch. Nach einer Aussprache und einer kurzzeitigen Rückkehr ins Amt trat Rombach am 10. November dann doch zurück - und erhob seinerseits Vorwürfe gegen Nowag ("Profilierungssucht").

Präsidium hat keinen Zugriff auf Vereinskonten

Zurück blieb ein finanziell teilweise handlungsunfähiger Klub, auf dessen Konten das neue Präsidium bis zuletzt keinen Zugriff hatte. Nowag und Aufsichtsratschef Peter Kästner kündigten an, fehlende Gelder bis zu einer zufriedenstellenden Aufklärung auszulegen.

Den Vorwurf, Informationen bewusst zurückgehalten zu haben, weist Rombach weiter von sich. "Wir hätten jederzeit eine Übergabe machen können, natürlich auch, was den Zugriff auf die Konten betrifft. Von mir aus gibt es nichts zu verheimlichen. Leider ist Herr Nowag bisher nicht auf mich zugekommen", sagte er der Thüringer Allgemeinen.

Dagegen sprechen die Aussagen Nowags, der am Mittwoch Geschäftsstellenleiter Konstantin Krause entlassen hatte. Krause hatte sich massiv hinter Rombach gestellt und soll zuletzt wenig kooperativ gewesen sein. "Allein dass kein Passwort oder eine Telefonnummer vorhanden sein soll, ist eigentlich schon an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten", sagte Nowag, der Krauses Entlassung auf "unüberbrückbare Differenzen und ein gestörtes Verhältnis in der Zusammenarbeit" zurückführte.

Bis zur Mitgliederversammlung am 1. Dezember will Nowag Erfurt wieder auf die Füße stellen. Derzeit verschafft sich ein Wirtschaftsprüfer Übersicht über die tatsächliche Lage. Eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der Thüringer ist weiter ein Thema. "Wir haben gelernt, dass bei Rot-Weiß Erfurt alles möglich ist. Der Verein wird auf jeden Fall nicht verschwinden. Es wird ein bisschen holprig werden. Selbst das Schimpfwort Insolvenz kann sehr reinigend sein", sagte Nowag. Schmutzig war es schließlich lang genug.

(sid)
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