Analyse zum Aufstieg von RB Leipzig Rote Bullen als perfekte Werbeplattform

Leipzig · Red-Bull-Milliardär Mateschitz hat RB Leipzig mit seinem Geld stark gemacht. Der Zweitliga-Aufstieg ist nicht unumstritten. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) prüft derzeit, ob sie dem Verein eine Lizenz erteilt. Es geht vor allem um eine Grundsatzfrage.

Leipzig feiert Aufstieg vor Rekordkulisse
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Foto: dpa, woi fpt

Die Traditionalisten haben sich schon vor Wochen positioniert und dem Emporkömmling die Legitimation abgesprochen, einer von ihnen zu werden. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) indes entscheidet, ob RB Leipzig die Lizenz bekommt. Das ist eine knifflige Angelegenheit. "Rasenballsport", wie RB offiziell heißt, ist bei Traditionalisten als Retortenklub verschrien. "Wir treffen keine Entscheidung, um in Fanforen Applaus zu bekommen", sagt Christian Seifert, der Vorsitzende der DFL-Geschäftsführung, "wir entscheiden im Sinne der 36 Klubs der ersten und zweiten Liga".

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Der 44-Jährige hütet sich davor, seine persönliche Meinung zu veröffentlichen. Er zieht sich in den Paragrafen-Dschungel zurück und betont: "Ich bin nicht pro oder kontra Leipzig." Er weist auf die große Fußballbegeisterung am Gründungsort des Deutschen Fußball-Bundes hin. "Als hier von 2005 bis 2007 noch der Ligapokal stattfand, hatten wir immer ein ausverkauftes Stadion", erinnert der frühere Marketingdirektor des Musiksenders "MTV".

Vereinsfunktionäre von Traditionsklubs tun sich indes nicht leicht mit einer klaren Absage gegen das Kunstprodukt. Dirk Kall, Vorstandsvorsitzender von Zweitligist Fortuna Düsseldorf, hat unlängst immerhin zu Protokoll gegeben, ihm sei natürlich ein Verein mit Geschichte deutlich lieber als das Gebilde eines Konzerns. "Es gibt ja genügend Beispiele, wo der Geldgeber plötzlich die Lust an seinem Spielzeug verliert", sagt Kall, "und schon versinkt ein Verein wieder in der Bedeutungslosigkeit". In diesem Fall ein schwer vorstellbares Szenario.

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Strittige Punkte in der Lizenzfrage sind die Besetzung der Führungsgremien mit Mitarbeitern des Geldgebers Red Bull und angeblich zu hohe Eintrittsbarrieren für Vereinsmitglieder in Form von Jahresbeiträgen von 800 Euro plus 100 Euro Aufnahmegebühr. Bislang hat es noch keinen einzigen Bewerber gegeben. Dazu kommt die große Ähnlichkeit des Vereinslogos mit dem Logo des österreichischen Getränkeherstellers. Das Wappen hatte der Sächsische Fußballverband vor fünf Jahren bewilligt. Strukturen und Satzung des Klubs hatte der DFB für sein Hoheitsgebiet - also von der Dritten Liga abwärts - zuletzt so genehmigt. Bis zum 28. Mai sollen die Leipziger ihr Wappen ändern. Der Klub hat gegen diese Vorgabe Einspruch eingelegt. Sportdirektor Ralf Rangnick ließ Kompromissbereitschaft erkennen: "Es ist nicht wichtig, was auf dem Trikot steht, sondern was drin ist."

Der Streit ums Wappen ist nur ein Nebenschauplatz. Denn im Kern verstößt das Konstrukt RB gegen die 50+1-Regel, nach der stets der Ursprungsverein Mehrheitsgesellschafter eines Bundesligisten sein muss. De facto ist RB auf der rechtlich sicheren Seite, da diese Regel nur für Kapitalgesellschaften gilt, der Leipziger Klub ist aber ein eingetragener Verein - allerdings einer, dessen einziger Zweck es ist, einen Bundesligisten und Champions-League-Teilnehmer als Werbeträger für die Red-Bull-Produkte aufzubauen.

Offiziell existiert das Projekt RB Leipzig seit 2009, als Brause-Gigant Red Bull den Verein RB Leipzig e.V. gründete und die Fußballabteilung des SSV Markranstädt übernahm - damals wie heute ein Fünftligist vor den Toren Leipzigs.

Finanzier des Projekts ist Dietrich Mateschitz. Der Mann hinter Red Bull hat es vom Bummelstudenten zum Milliardär gebracht - und das dank einer klebrigen Brause, die er noch nicht einmal selbst erfunden hat. Doch genau darum geht es - nicht das Produkt, sondern das Image drumherum ist das Entscheidende. Dafür investiert der Konzern viel Geld. Zuletzt steckte Red Bull rund 1,4 Millarden Dollar (eine Milliarde Euro), etwa 30 Prozent der Einkünfte, in Marketing. Bei Coca-Cola sind es nur rund neun Prozent.

Das Sponsoring ist bei Red Bull fester Bestandteil des Geschäftsmodells. Ob Kunstflieger, Motorrad-Akrobaten, Bergsteiger oder Surfer - Mateschitz griff in den Anfangsjahren vor allem Extremsportlern unter die Arme. Die passten am besten zum Image, das er sich für seinen Energy-Drink ausgedacht hatte. Der Konsument sollte damit Leistungsvermögen, Risikobereitschaft und Siegeswillen verbinden.

Diese Strategie ging auf. Bald war Red Bull, das laut Werbung Flügel verleiht, weit über den Nischensport hinaus bekannt. Mateschitz passte sein Konzept an und weitete sein Sponsoring auf publikumswirksame Sportarten wie Formel 1 und Fußball aus.

Am Standort Leipzig hat man schon jetzt die ganz großen Ziele fest im Blick. Getreu dem Slogan "Ab durch die Dritte" war den Sachsen der Durchmarsch aus der Regionalliga gelungen. Doch die Ziele liegen noch deutlich höher. Leipzig im Europapokal - die Vision wirkt nicht weit hergeholt. Dann allerdings müsste Red Bull entscheiden, ob das Unternehmen den Leipziger oder den Salzburger Ableger unterstützt. Die Statuten der Europäischen Fußball-Union (Uefa) lassen nicht zu, dass ein großer Geldgeber zwei auf internationaler Ebene agierende Klubs betreibt. Zumindest noch nicht.

Doch auch dafür wird sich vermutlich eine Lösung finden.

(RP)
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