Lange Unklarheit Für die Gruppendritten heißt es Däumchen drehen

Viele Mannschaften wissen aufgrund des Modus gar nicht, was sie im letzten Gruppenspiel erreichen müssen. Auch die Fans sind ratlos - und müssen teils tagelang auf Klarheit warten.

Die besten Gruppendritten der EM
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Foto: dpa, sam

Däumchen drehen - und was dann? Die "Bläh-EM" mit ihrem neuen Modus stellt Mannschaften und Fußball-Fans in den kommenden Tagen auf eine harte Probe. Gefragt sind Geduld und mindestens Grundkenntnisse in Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die komplizierte Arithmetik führt im ungünstigsten Fall dazu, dass Spieler und Trainer sich tagelang auf ein Spiel vorbereiten, das sie dann gar nicht spielen.

"Früher wusste man: Wenn man Erster wird, spielt man gegen den Zweiten der Gruppe B, C oder D. Jetzt weiß man fast gar nichts", sagt Bundestrainer Joachim Löw. Tatsächlich können auch er und sein Stab bis zum Mittwochabend nur mit Zahlen und Buchstaben jonglieren, weil die neue Teilnehmerzahl von 24 Mannschaften für ein Durcheinander sorgt. Nicht nur Löw klagt: "Ein Rückgang wird nicht mehr möglich sein."

Besonders ratlos schauen die Gruppendritten aus der Wäsche. Nur die vier besten der sechs Dritten kommen weiter, das bedeutet: Albanien als Dritter der Gruppe A muss bis Mittwochabend warten, um zu erfahren, ob das Team überhaupt im Turnier bleibt. Auch für die Fans heißt das: Erst mal weiter das Hotel bezahlen. Und dann vielleicht doch Heimfliegen.

Verwirrend ist auch die Verteilung der vier besten Gruppendritten auf die Achtelfinal-Begegnungen. Die Grafik in den entsprechenden Uefa-Regularien ähnelt einer ausgeschütteten Buchstabensuppe: "A-B-C-F", "B-C-D-E", "B-D-E-F" - es gibt 15 verschiedene Möglichkeiten, nach denen die vier Gruppendritten vier Gruppenersten zugeteilt werden.

Auch Deutschland braucht Geduld

Auch die DFB-Elf wird Geduld brauchen. Schafft der Weltmeister den Gruppensieg, geht es entweder gegen den Dritten der Gruppe A, B oder F. "Kein Problem", sagt Bundestrainer Löw über das wahrscheinliche Warten auf den Kontrahenten: "Unsere Scouts beschäftigen sich nicht mit einem möglichen Gegner, sondern mit mehreren. Die Zeit reicht für uns, um uns vorzubereiten."

Ganz nebenbei ist der Quervergleich der Gruppendritten auch sportlich fragwürdig. Drei Punkte in einer "Todesgruppe" können wesentlich schwieriger zu erreichen sein als vier Zähler gegen Fußball-Zwerge. Doch was am Ende zählt, sind die Punkte - und dann Tordifferenz, erzielte Tore, Fair-Play-Verhalten, Uefa-Koeffizient.

Als sei dies alles nicht schon kompliziert genug, droht auch noch Wettbewerbsverzerrung. Das beste Beispiel ist die WM 1986, an der ebenfalls die "krumme" Zahl von 24 Teams teilnahm: Am letzten Tag der Vorrunde wusste Uruguay schon vor Anpfiff, dass ein Remis reichen würde, um zu den besten Dritten zu gehören. Das Spiel gegen Schottland endete, Überraschung, 0:0. Andere Mannschaften hatten diesen Vorteil nicht.

"16 Mannschaften waren ideal, das war top", sagt Bundestrainer Löw, es habe "klasse Begegnungen vom ersten Spieltag" an gegeben. Und nun? Heißt es Warten und Rechnen. "Manche Mannschaften, die nach zwei Spielen einen Punkt haben, haben noch Chancen. Das finde ich vielleicht nicht ganz so gerecht", sagt Löw: "Aber das muss man so hinnehmen."

(sid)
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