Skandal von Saint-Etienne Kroatien gibt jetzt den anderen die Schuld

Nach den Ausschreitungen in Saint-Etienne droht Kroatien eine heftige Strafe. Am Montag wird der Fall, der längst zur Staatsaffäre geworden ist, verhandelt.

 Die kroatischen Fans sorgten für Ärger

Die kroatischen Fans sorgten für Ärger

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Nach dem "Skandal von Saint-Etienne" zittert Kroatiens Fußball-Verband vor dem EM-Ausschluss - und wäscht seine Hände in Unschuld. Die Schuld an den schweren Fan-Krawallen im Gruppenspiel gegen Tschechien (2:2), die längst zur Staatsaffäre geworden sind, geben die zwielichtigen kroatischen Bosse auch den französischen Sicherheitskräften und der Uefa. Vor einer empfindlichen Strafe wird sie das aber kaum bewahren.

Die Disziplinarkommission der Europäischen Fußball-Union verhandelt den Fall am Montag, ein Urteil sollte noch vor dem entscheidenden Gruppenspiel gegen Spanien am Dienstag (21.00 Uhr/im Live-Ticker) in Bordeaux fallen - zumal es dort wieder knallen könnte. Von einer hohen Geldstrafe bis zum EM-Aus auf Bewährung wie bei den Russen ist alles möglich. Die kroatischen Fans sind Wiederholungstäter, die in der Heimat von Polizei und Justiz nicht in den Griff zu bekommen sind.

"Wir haben alles getan, um Zwischenfälle zu vermeiden", teilte der Verband am Wochenende mit. Vor den gewaltbereiten Hooligans, die vor (!) dem 2:2 im Stade Geoffroy-Guichard in den sozialen Netzwerken großspurig sogar einen Spielabbruch angekündigt hatten, sei "gewarnt" worden. Dennoch brannte am Freitagabend der Block, ein Ordner wurde von umherfliegenden Böllern leicht verletzt, die Partie musste kurz vor dem Abpfiff für vier Minuten unterbrochen werden.

"Das sind Staatsfeinde, die ihre Mannschaft und ihr Land hassen", sagte die kroatische Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic: "Schämt euch!" Die Zeitung Sportske Novosti schrieb von einem "Anschlag auf Kroatien - die Wilden verwirklichten ihre Drohungen", und Trainer Ante Cacic, der immer noch unter "Schock" stand, betonte: "Wir senden ein hässliches Bild in die Welt. Aber das ist nicht Kroatien." Mit Blick auf die Strafakte bei der UEFA muss man aber feststellen: Eben doch.

Knapp eine Millionen Euro musste der Verband HNS in den vergangenen zehn Jahren an die Uefa überweisen. Zu den "gewöhnlichen" Vergehen wie das Abbrennen von Pyrotechnik kommen immer wieder hässliche Zwischenfälle wie im Juni 2015, als kroatische Fans den Rasen im Poljud-Stadion in Split vor dem EM-Quali-Spiel gegen Italien so mit Chemikalien behandelten, dass sich ein viele Meter großes Hakenkreuz abzeichnete.

"Sie werden uns nicht rauswerfen", sagte Verbandsboss Davor Suker (48), der sich im Uefa-Exekutivkomitee immer mehr Einfluss erarbeitet. Geldstrafen und Zuschauerausschlüsse haben allerdings bisher nicht geholfen. Die Probleme des kroatischen Fußballs sind komplex und nur mit überschwänglichen Emotionen der heißblütigen Fans nicht zu erklären.

Kroatische Fans prügeln sich nach Pyro-Eklat
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Die radikalen HNS-Gegner, die für die Ausschreitungen in Saint-Etienne verantwortlich waren, rebellieren vor allem gegen den Vizepräsidenten Zdravko Mamic, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen "Machtmissbrauchs" und Steuervergehen ermittelt. In den Augen der Gegner führt Mamic den Verband mit Suker als Marionette auf mafiöse Art und Weise - und immer zum persönlichen Vorteil.

"Wir hatten unsere Quellen. Wir wussten, was passieren kann. Wir haben die Polizei und alle relevanten Stellen darüber informiert", sagte Miroslav Markovic, der Sicherheitsexperte des Verbandes: "In der Pause haben wir dann sogar die Information bekommen, dass es exakt in der 85. Minute losgehen soll." Die Hooligans "kommen aus der Szene von Hajduk Split".

Der Präfekt des Départements Loire gibt derweil auch der Uefa die Schuld. Der Verband sei "für die Sicherheit in den Stadien zuständig", sagte Evence Richard der L'Equipe: "Es haben 150 bis 200 Ordnungskräfte gefehlt. Die Eingangstore wurden mit 30 Minuten Verspätung geöffnet. Ein Zugang blieb die ganze Zeit verschlossen. 2000 bis 3000 Fans haben ihren Platz erst nach Anpfiff erreicht."

(sid)
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