Lewandowski und Blaszczykowski Polnische Zweckgemeinschaft

Düsseldorf · Ballannahme, ein Blick Richtung Tor, dann schiebt Jakub Blaszczykowski die Kugel durch die Beine von Yann Sommer zum 1:0 ins Tor. Polnische Spieler sprinten zu "Kuba", wollen mit ihm die Führung im EM-Achtelfinale gegen die Schweiz feiern. Auch Robert Lewandowski trabt an. Der Glückwunsch fällt etwas kühler aus als bei den Teamkollegen.

 Robert Lewandowski und Jakub Blaszczykowski.

Robert Lewandowski und Jakub Blaszczykowski.

Foto: dpa, gj sam

Später, während des Elfmeterschießens stehen die beiden nebeneinander im Mittelkreis, legen jeweils einen Arm auf die Schulter des anderen, bejubeln kurz darauf gemeinsam den Einzug ins Viertelfinale. Es ist eine Zweckgemeinschaft zweier Landsmänner, die sich eigentlich nicht leiden können. Am Donnerstag (21 Uhr/Live-Ticker) will das Duo gegen Portugal ins Halbfinale einziehen.

In seiner Biografie lässt Blaszczykowski keinen Spielraum für Interpretationen, was sein Verhältnis zu Lewandowski angeht: "Es ist kein Geheimnis, dass wir nicht auf einer Wellenlänge liegen. Wir haben keinen Kontakt, jeder geht seinen eigenen Weg." Dass beide dennoch zusammen Erfolg haben können, haben sie bei Borussia Dortmund mit der Meisterschaft 2011 und dem Double-Gewinn 2012 unter Beweis gestellt. Doch auch zu dieser Zeit war das Bündnis auf den Rasen beschränkt. Während Blaszczykowski und seine Frau Agata mit dem dritten Landsmann beim BVB, Lukas Piszczek, und Frau Ewa privat viel Zeit miteinander verbrachten, schottete sich Lewandowski mit seiner Anna ab.

Die Gründe, warum die beiden nicht miteinander können, sind vielschichtig. Von der Berufsauffassung ist Blaszczykowski klar die Kämpfernatur, die sich aus einer schwierigen Kindheit zum Star in Polen hochgearbeitet hat und sich stark mit Vereinen und Leuten in seinem Umfeld identifiziert. Lewandowski ist die nüchterne Fußballmaschine, voll auf Erfolg gepolt. Vereinszugehörigkeit hat für ihn keinerlei emotionale Komponente.

Erfolgreichste Fußball-Exporte aus Polen

Zudem waren beide über Jahre die erfolgreichsten polnischen Exporte im Fußballgeschäft. Sie teilen sich die Aufmerksamkeit und den Werbemarkt in ihrer Heimat. Eine wirtschaftliche Rivalität, vielleicht eine Nummer kleiner als bei Cristiano Ronaldo und Lionel Messi, entwickelte sich. Höhepunkt war der Wechsel der Kapitänsbinde. Polens Nationaltrainer Adam Nawalka ernannte im Dezember Lewandowski zum Kapitän. 2012 hatte noch "Kuba" die Bialo-Czerwoni (die Rot-Weißen) bei der Heim-EM angeführt. Doch Verletzungen warfen den 30-Jährigen zurück. Nicht wenige zweifelten daran, ob er es überhaupt in den EM-Kader schaffen würde. Doch der vom BVB an den AC Florenz ausgeliehene Rechtsaußen kämpfte sich zurück. Nawalka entschied sich, ihn zu nominieren.

Und nun stiehlt ausgerechnet Blaszczykowski Lewandowski, dem als Stürmerstar eine große Rolle im Turnier zugewiesen war, die Show. "Einige hatten tatsächlich in Gedanken schon einen Schlussstrich unter seine Nationalmannschaftskarriere gezogen. Kuba hat es allen gezeigt", sagte BVB-Profi Lukasz Piszczek dem "Kicker". Drei Tore erzielten die Polen im Turnierverlauf bisher. Blaszczykowski bereitete eines vor, erzielte die anderen zwei. Lewandowski selbst sagte zuletzt schmallippig: "Ich muss Geduld haben. Vielleicht werde ich dann belohnt."

Nach der EM wird Lewandowski zum FC Bayern München zurückkehren. Bei Blaszczykowski ist die Zukunft noch offen. Florenz ließ die Kaufoption über sieben Millionen Euro verstreichen. "Wir werden die EM abwarten", hatte sein Berater Wolfgang Vöge vor dem Turnier gesagt. Eine Zukunft in Dortmund ist aber unwahrscheinlich, da Trainer Thomas Tuchel in seinem System keine Verwendung für "Kuba" hat.

(erer)
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