Neustädter verleiht Schuhe Russen vor EM-Start mit Verletzungspech

Erst Offensivstar Dsagojew, jetzt auch noch Mittelfeld-Routinier Denissow: Russlands Nationalmannschaft bleibt vor dem EM-Auftakt von Verletzungen geplagt. Der Trainer des gebeutelten WM-Gastgebers von 2018 hofft auf den berühmten Jetzt-erst-recht-Effekt.

 Roman Neustädter

Roman Neustädter

Foto: dpa, nic

Der Nachrücker hatte noch nicht mal seine Fußballschuhe dabei. Als Artur Jussupow im EM-Quartier der russischen Nationalelf erstmals mit seinen neuen Kollegen trainierte, musste sich der Mittelfeldspieler von Zenit St. Petersburg Schuhe vom Schalker Bundesliga-Profi Roman Neustädter ausleihen.

Am Tag nach dem abrupten Urlaubsende Jussupows bestätigte die Europäische Fußball-Union (Uefa) dann auch offiziell die Nachnominierung des 26-Jährigen für den verletzten Mittelfeld-Routinier Igor Denissow im russischen Aufgebot.

Die Sbornaja zählt wenige Tage vor dem Start der Europameisterschaft in Frankreich zu den Teams, die mit am meisten Pech mit dem Personal zu beklagen haben. Der einst als Wunderknabe gefeierte Alan Dsagojew fehlt in der Mittelfeld-Schaltzentrale sowieso schon verletzt.

In der Abwehr musste Oleg Kusmin absagen, auf den früheren Chelsea-Star Juri Schirkow verzichtet Nationaltrainer Leonid Sluzki teils aus persönlichen Gründen nach einem internen Konflikt und teils, weil Schirkow noch nicht wieder ganz fit ist. Den früheren Top-Angreifer Alexander Kerschakow ließ Sluzki freiwillig zu Hause - und jetzt fällt auch noch Mittelfeld-Routinier Denissow aus.

Der 32-Jährige von Erstliga-Absteiger Dynamo Moskau verletzte sich im abschließenden Testspiel gegen Serbien (1:1) und trug damit nicht gerade zur Stimmungsaufhellung des knurrigen Sluzki bei. Die Resultate in der Vorbereitung mit nur einem Sieg gegen Litauen (3:0), dem Remis gegen Serbien und zwei Niederlagen gegen Frankreich (2:4)
und Tschechien (1:2) dienten dem ambitionierten WM-Gastgeber von 2018 nicht gerade als Mutmacher für die EM-Gruppe mit England, der Slowakei und Wales.

"Ich weiß nicht, wie ich auf diese Frage antworten soll", entgegnete Sluzki sichtlich missgelaunt einem Reporter im Trainingslager auf die Frage, wie schwer der Ausfall von Denissow wiege. "Wenn ein Spieler immer in der ersten Elf stand? Wenn beide defensiven Mittelfeldspieler ausfallen? Natürlich ist das ein großes Problem", sagte Sluzki, der als Nachfolger des glücklosen Italieners Fabio Capello im August 2015 die Verantwortung für die Sbornaja übernommen hatte. Zusätzlich zu seinem Job bei Meister ZSKA Moskau.

Vor dem Kontinentalvergleich in Frankreich muss Sluzki jetzt improvisieren und seine überalterte Elf zur EM-Reife formen. Denn natürlich soll der Auftritt der Russen in Frankreich auch ein wenig zum Schaulaufen für die WM zwei Jahre später im eigenen Land werden.
Ein Vorrunden-Aus würde die ehrgeizige Sportgroßmacht, der noch immer der Ausschluss von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro droht, erheblich schmerzen. Doch Sluzki kündigte fast schon trotzig an: "Diese Schwierigkeiten werden unser Team zusammenschweißen, wir werden mit noch mehr Leidenschaft spielen."

(dpa)
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