Hooligan-Krawalle bei EM Putin verurteilt Ausschreitungen, aber bezweifelt Tätertheorie

Paris · Wladimir Putin zweifelt an der Tätertheorie der französischen Polizei, 20 Russen müssen das Land verlassen. Das Hooligan-Problem lässt die EM in Frankreich nicht los.

 Wladimir Putin am Rednerpult.

Wladimir Putin am Rednerpult.

Foto: dpa, of bm

Der russische Staatspräsident Wladimir Putin hat die blutigen Ausschreitungen von Marseille während der Fußball-EM als "Schande" verurteilt - gleichzeitig aber meldet er Zweifel an der Tätertheorie der französischen Behörden an. "Ich verstehe wirklich nicht, wie 200 unserer Fans Tausende Engländer aufgemischt haben sollen", sagte Putin bei einem Kongress in Sankt Petersburg ironisch - er erntete dafür Applaus.

Anschließend ermahnte der mächtigste Mann des Riesenreiches die Behörden, "dass alle Gesetzesbrecher gleich behandelt werden müssen". In den vergangenen Tagen beherrschten die Festnahmen und Verurteilungen von russischen Staatsbürgern die Berichte über die Krawalle, während der am zweiten EM-Tag rund um das Gruppenspiel zwischen England und Russland mehrere Dutzend Menschen verletzt worden waren. Einige davon schwer.

Insgesamt 20 der 43 im Zuge der Ermittlungen in Gewahrsam genommenen Russen werden am Samstag von den französischen Behörden des Landes verwiesen. Vom Flughafen Nizza geht es per Direktflug nach Moskau, was ähnliche Vorfälle wie am Donnerstagabend in Köln verhindern soll.

Russische Hooligans wüten in Köln

In der Domstadt hatte die Polizei sechs russische Hooligans festgenommen, die auf der Domplatte spanische Touristen angegriffen und zwei Personen verletzt hatten. Noch ist ein Zusammenhang zu den Krawallen in Marseille nicht bestätigt. Der Verdacht liegt aber sehr nahe.

"Nach inzwischen ausgewerteten Unterlagen sind die Russen am 10. Juni mit dem Flugzeug von Moskau nach Marseille gereist und am 16. Juni zur Mittagszeit mit dem Zug von Brüssel nach Köln gefahren", gab die Polizei bekannt. Bei den "alkoholisierten jungen Männern" stellten die Polizisten Tickets für zwei Spiele der russischen Nationalmannschaft gegen England und die Slowakei sowie hooligantypische Gegenstände zur Vermummung und zum Schutz der Zähne sicher.

Bislang wurden in Frankreich drei Russen im Schnellverfahren zu ein- bis zweijährigen Haftstrafen verurteilt. Die 28 bis 33 Jahre alten Täter müssen für 12, 18 und 24 Monate ins Gefängnis. Zudem wurde gegen alle ein anschließendes, zweijähriges Einreiseverbot verhängt.

Der Staatsanwalt von Marseille, Brice Robin, betonte, die Festnahmen seien auch dank der Zusammenarbeit mit russischen Behörden erfolgt. 20 der 43 Russen wurden wieder auf freien Fuß gesetzt. In anderen Verfahren verurteilt wurden aber auch sechs Fans aus England, zwei aus Frankreich und einer aus Österreich. Ein weiterer Franzose kam mit einer Bewährungsstrafe davon.

Zu den 20, die Frankreich verlassen müssen, gehört auch Alexander Schprygin, Gründer einer sehr zweifelhaften Fan-Vereinigung und in der Vergangenheit unter anderem mit dem Hitler-Gruß aufgefallen. Der Rechtsaktivist war laut Medienberichten mit einer offiziellen Akkreditierung des Verbandes durch Frankreich gereist.

(sid)
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