DFB-Team bei der EM Hat sich Götze aus der Startelf gespielt?

Lille · Nach dem Auftaktsieg gegen die Ukaine war Joachim Löw bester Stimmung. Obwohl oder gerade weil seine Mannschaft noch viel Luft nach oben hat. In der Sturmspitze könnte der Bundestrainer eine Veränderung vornehmen.

Deutschland - Ukraine: Einzelkritik zur EM-Partie
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Deutschland - Ukraine: Einzelkritik

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Foto: ap, AF FP

Mykhailo Fomenko hatte schlechte Laune. Das ist nichts Ungewöhnliches. Aber diesmal hatte Mykhailo Fomenko noch schlechtere Laune als sonst. So fiel auch seine Stellungnahme zum EM-Auftaktspiel der Ukraine gegen die Auswahl des DFB aus. "Wir müssen", sagte der Trainer der Ukraine nach der 0:2-Niederlage, "dieses Spiel hinter uns lassen, psychisch und physisch." Er schaute sehr grimmig, und es wurde sehr still. Dann erklärte Fomenko: "Eine erfolgreiche Mannschaft bleibt eine erfolgreiche Mannschaft." Damit ließ er die Nachwelt allein, schaute weiter grimmig und ging seiner Wege.

Sein deutscher Kollege Joachim Löw, dessen erfolgreiche Mannschaft in einem Turnier weiter erfolgreich geblieben war, sah die Welt mit anderen Augen. Ihm hatte natürlich das Ergebnis gut gefallen. Und er nahm die Steigerung seiner Mannschaft in der zweiten Halbzeit zum Anlass zu dieser ein wenig umständlichen Feststellung: "Es war nicht einfach. Von daher, denke ich, bin ich auch sehr zufrieden mit dem Sieg und dem Spiel."

Die vielen Unstimmigkeiten in der ersten Hälfte hatte er zwar nicht übersehen, aber er hatte im Gegensatz zum Amtsbruder Fomenko eben gute Laune und räumte lediglich locker ein, "das wir in der ersten Halbzeit einige Probleme im Spiel nach vorn hatten, klar, und in Konter gelaufen sind". Dass sein Team gegen geradlinige Ukrainer nach schneller Führung regelrecht um den Ausgleich gebettelt hatte, unterschlug er generös. Und dass seine Elf nicht nur im Spiel nach vorn "einige Probleme" hatte, ist vielleicht Thema der Teamsitzung, öffentlich machen wollte Löw das nicht.

Toni Kroos, mit Abstand bester Feldspieler der DFB-Auswahl, kam der Wahrheit schon näher. "Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen, wenn wir das Turnier gewinnen wollen", sagte er. Dazu fehlte es an Organisation der kompletten Mannschaft, aber auch an Details in den einzelnen Mannschaftsteilen.

Götze zu verschnörkelt

So wurde Löws neuerlicher Ansatz, im Angriff mit der falschen Neun Mario Götze zu spielen, nicht eben mit einem Feuerwerk an Torgelegenheiten belohnt. Götze mühte sich, war viel unterwegs, aber am Ball mal wieder so verschnörkelt, dass er in fast 90 Minuten auf dem Feld keine konkrete Chance verbuchte. Ansätze von Zielstrebigkeit brachten Kroos und Sami Khedira ins Spiel, die sich auch mal mit dem offenbar in Zeiten Kringel drehender Sturm-Artisten aus der Mode gekommenen Mittel des Fernschusses versuchten. Götze und hinter ihm Mesut Özil verloren das Ziel zu oft aus den Augen.

Löw muss das gesehen haben. Und vielleicht schickt er am Donnerstag gegen die Polen Mario Gomez in den Angriff, von dem keine Tanzeinlagen am Ball erwartet werden und der bewiesen hat, dass er weiß, wo das Tor steht. Immerhin hat der Bundestrainer erkannt, "dass das Spiel gegen die Polen schon vorentscheidend im Kampf um den Gruppensieg ist, klar".

Es wird mit Sicherheit nicht einfacher als das gegen die Ukraine. Auch die Polen kommen mit starken, schnellen Außenspielern und einem Mittelstürmer, über den man deutschen Abwehrspielern nicht mehr viel erzählen muss. Lücken wie in 20 Minuten vor der Pause gegen die Ukraine werden Robert Lewandowski und seine Kollegen vermutlich gnadenlos bestrafen. Treffer der Ukraine verhinderten Kapitän Manuel Neuer mit Glanzparaden und Jerome Boateng mit einer artistischen Flugeinlage auf der Linie. "Es ist gut, wenn man einen Jerome Boateng als Nachbarn in der Abwehr hat", scherzte Löw.

Boatengs Nachbarn ließen ihn allerdings in dieser seltsamen Phase ziemlich allein im Regen stehen. In der frisch zusammengebauten Defensivreihe stimmte die Harmonie nicht, und das vordere Mittelfeld wies kein besonderes Interesse an gemeinsamer Abwehrarbeit nach. Das wurde erst nach dem Wechsel anders. "Die Außen haben breiter gestanden, und wir haben dadurch Druck auf die Flügelstürmer ausgeübt", sagte Löw. Weil das Mittelfeld nachrückte, schlossen sich Räume.

Das war ein gutes Zeichen für die Lernfähigkeit der DFB-Auswahl. Sie weiß aber, dass sie noch sehr viel Luft nach oben hat. Das ist wohl die beste Nachricht. Und das erklärt auch die gute Laune des Trainers.

(pet)
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