"Wäre als Außenstehender ganz ruhig" Ballack zaubert Löw ein Lächeln ins Gesicht

Evian-les-Bains · Joachim Löw hat gute Laune, sehr gute Laune sogar. Das will er der Öffentlichkeit unbedingt zeigen, damit niemand auf die Idee kommt, nach dem 0:0 gegen die Polen im zweiten EM-Gruppenspiel die große Krise auszurufen. "Ich bin absolut entspannt", sagt er im Medienzentrum beim Mannschaftsquartier in Evian-les-Bains. Und er sieht auch so aus.

Joachim Löw war bei der PK bestens gelaunt.

Joachim Löw war bei der PK bestens gelaunt.

Foto: dpa, nic

Die massive Kritik, die sein ehemaliger Kapitän Michael Ballack als sachkundiger Bürger in einem US-Medium geübt hatte, prallt am Bundestrainer offenkundig ab. "Mich überrascht gar nix mehr", erklärt der Coach, "wenn ich das so lese: Es gibt eine Führungsspieler-Diskussion, das zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Die Diskussion hatten wir auch schon vor zwei Jahren in Brasilien. Jetzt spielen wir einmal 0:0, und sie kommt schon wieder. Da wäre ich als Außenstehender ganz ruhig."

Löw findet, dass diese Diskussion völlig am Thema vorbeigeht. Er versichert: "Wir haben großartige Führungsspieler." Und er nennt die Kollegen aus dem Spielerrat: "Manuel Neuer, Jerome Boateng, Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira, Thomas Müller." Sie alle "sagen ihre Meinung, sie hinterfragen, sie fragen mir manchmal ein Loch in den Bauch. Die Mitarbeit ist großartig", sagt Löw.

Boateng ist sogar als öffentlicher Kritiker in Erscheinung getreten. Er monierte die mangelnde Dynamik in der Offensive und die körperliche Zurückhaltung der Angriffsspieler. Sein Trainer findet das "hervorragend. Ich habe ihm gesagt, er soll sich mehr exponieren, denn er hat eine hohe Anerkennung in der Mannschaft". Löw schließt sich Boatengs Bewertung ausdrücklich an. "Wir müssen mehr in Laufwege investieren", erklärt der oberste Übungsleiter der Nation.

Nur dann werde die Mannschaft wieder Chancen erarbeiten, schließlich sei das variable Spiel in der Offensive, der Kombinationsfußball der Schlüssel zu den deutschen Erfolgen der Vergangenheit. Eine grundsätzliche Diskussion über die Offensive hält Löw für völlig übertrieben. Er zählt auf: "Wir hatten die Außenverteidiger-Diskussion, die Innenverteidiger-Diskussion, die Flügelstürmer-Diskussion, die Diskussion über die zentrale Spitze." Er lächelt dabei, als wolle er sagen: "Das ist alles nur ein Spiel."

Löw müht sich, die Aufgeregtheiten nach dem torlosen Unentschieden gegen die Polen ebenfalls als Teil des Spiels mit der Öffentlichkeit zu begreifen. "Ich sehe nicht das Problem in der Offensive", beteuert er, "wir müssen nur zum Tempo finden." Das wiederum sei immer ein Ergebnis der richtigen Wege.

Thomas Müller macht im Training den Manuel Neuer
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Müller macht im Training den Neuer

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Özil und Götze "werden schon kommen"

Manchmal ist es auch ein Ergebnis guter Dribbler, die mit ihren Aktionen zwei Verteidiger aus dem Weg nehmen und dadurch Räume schaffen. Davon hat Löw kein Überangebot. Seine Lösung bleibt daher das Zusammenspiel, die schnelle Kombination über Mesut Özil und Mario Götze, über die er immer noch nicht den Stab brechen mag. "Es sind hervorragende Spieler", sagt der Coach. Er braucht sie freilich in Bestform, die beide bislang nicht gezeigt haben. Löw bleibt da betont ruhig. "Sie werden schon kommen", sagt er.

Vielleicht erinnert er sich vor dem Spiel gegen die Nordiren am Dienstag in Paris daran, dass er zumindest einen schnellen Dribbler im Aufgebot hat. Leroy Sané hat solche Qualitäten. Er ist deshalb eine Alternative zu Julian Draxler, der weit hinter den Erwartungen zurückblieb. "Ich denke über die eine oder andere Variante nach", erklärte Löw. Er hat ja noch ein paar Tage Zeit dazu.

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