2:0 gegen die Ukraine Mustafi, Boateng und Schweinsteiger sichern holprigen Sieg

Lille · Durch den 2:0-Erfolg über die Ukraine startet Deutschland etwas holprig, aber erfolgreich in die EM. Die starken Außenspieler der Ost-Europäer stürzen das Team von Bundestrainer Löw in manche Verlegenheit.

EM 2016: Bastian Schweinsteiger sorgt für Tor in Nachspielzeit
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Joker Schweinsteiger sorgt für die Entscheidung

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Foto: dpa, kno

Anatoliy Tymoshchuk ist mittlerweile für die großen Sätze da. "Kein Team der Welt ist unbesiegbar", hat der einstige ukrainische Superstar vor dem EM-Auftakt gegen die deutsche Nationalmannschaft gesagt. Auf dem Rasen sind seine Beiträge nicht mehr so gefragt. Im fast schon biblischen Fußballer-Alter von 37 Jahren ist er nur mehr Ergänzungsspieler. Eine Respektsperson ist er natürlich immer noch, auch bei seinen ehemaligen Münchner Kollegen Bastian Schweinsteiger und Manuel Neuer, mit denen er vor dem Aufwärmen munter plauderte. Geheimnisse werden sie dabei nicht ausgetauscht haben. Vielleicht haben sie nachher das Ergebnis diskutiert. Deutschland startete mit einem 2:0-Erfolg und wurde so seiner Favoritenrolle gerecht.

"Ich bin sehr froh, dass wir gewonnen haben und dass es auch mir gut geht", sagte Schweinsteiger, etatmäßiger Kapitän, der lange mit einer Knieverletzung gekämpft hatte. "Unglaublich, dass es sowas gibt. Unglaublich."

Zufrieden war auch der andere Torschütze. "Wir haben gewonnen und sogar noch zu Null gespielt - wir haben also eigentlich alles erreicht", sagte Mustafi, der in der ARD auch eine Erklärung für die Abwehrschwäche lieferte. "Es ging sehr viel englisch hin und her, das mögen wir nicht."

Fast so wichtig wie die Auftaktbegegnung war der DFB-Delegation die Tatsache, dass Daniel Nivel die Einladung der Deutschen angenommen hatte und auf der Tribüne saß. Der ehemalige Gendarm war während der WM 1998 von deutschen Hooligans zusammengetreten und lebensgefährlich verletzt worden. Der DFB gründete in Nivels Namen eine Stiftung, die sich dem Kampf gegen Gewalt im Fußball verschrieben hat. Das erste EM-Wochenende bewies, dass derartige Arbeit notwendig bleibt.

Bundestrainer Joachim Löw baute gegen die starken ukrainischen Stürmer Andriy Jarmolenko und Yevhen Konopljanka in der Startaufstellung auf seine gelernten Abwehrspezialisten auf den Außenpositionen. Benedikt Höwedes verteidigte rechts, Jonas Hector links. Als Platzhalter für den verletzten Mats Hummels rückte Shkodran Mustafi in die Innenverteidigung. Während hier die Fraktion der eher arbeitenden Bevölkerung den Vorzug bekam, setzte Löw im Angriff auf die Künstler. Vor Thomas Müller, Mesut Özil und Julian Draxler spielte Mario Götze in der Spitze. Mustafi hatte schnell auf beiden Seiten bemerkenswerte Szenen. Seinen Ballverlust nutzte Konopljanka zu einem gefährlichen Schuss auf Manuel Neuers Tor. Der deutsche Kapitän lenkte den Ball zur Ecke. Verteidiger Mustafi bewies allerdings auch eigene Abschlussqualitäten. Er wuchtete einen Freistoß von Toni Kroos mit dem Kopf zum 1:0 in die Maschen.

Die Ukraine nahm den Gegentreffer hin und schaltete ihrerseits in den Angriffsmodus. Neuer brachte nach einem Kopfstoß des ukrainischen Verteidigers Yevhen Chatscheridi gerade noch die Fingerspitzen an den Ball. Jerome Boateng beförderte den Ball mit einer kunstvollen Flugeinlage nach dem Abschluss des völlig freistehenden Konopljanka von der Linie.

Das alles geschah noch in einer turbulenten ersten Halbzeit, in der nicht so richtig zu erkennen war, dass die deutsche Mannschaft ihren Trainingsschwerpunkt auf Defensivverhalten gelegt hatte. Die Ukraine kam vor allem über die rechte deutsche Abwehrseite. Für die schlechte Sortierung der DFB-Auswahl sorgte in erster Linie Konopljanka. Er wich immer wieder vom Flügel in die Zentrale aus und fuhr von dort die Konter mit an. Löws Mannschaft hätte allerdings auch mit 2:0 in Front gehen können. Nach einem Steilpass von Kroos tauchte Sami Khedira frei vor Torwart Andriy Pjatow auf, der Khediras Schuss abwehrte. Ein zweites deutsches Tor vor der Pause wäre nach dem Chancenverhältnis aber ein schlechter Witz gewesen.

Nach dem Wechsel gab's wieder mehr zu lachen. Deutschland mühte sich um bessere Sortierung und ein präziseres Passwesen. Dabei tat sich besonders Kroos hervor, der auch den Abschluss suchte. Das lag lange nicht in Götzes Interesse, der so manchen Kringel drehte, wo zielgerichtetes Spiel notwendig gewesen wäre. Das hielt die Partie offen. In der Nachspielzeit sorgte der kurz zuvor eingewechselte Bastian Schweinsteiger für die Entscheidung.

(pet)
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