"Wir müssen den jungen Leuten Zeit geben" Löw sieht kein Problem auf den defensiven Außenbahnen

Essen · Auf keiner anderen Position in der deutschen Nationalmannschaft ist der Verschleiß so groß wie auf der der Außenverteidiger. Rund 30 Kandidaten hat Bundestrainer Joachim Löw in seiner achtjährigen Amtszeit getestet.

Deutschland - Irland
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Die aktuellen Probleme bei Weltmeister Deutschland liegen auf der Hand. Vor allem auf den Positionen der Außenverteidiger präsentiert sich der Weltranglistenerste derzeit alles andere als weltmeisterlich. "Ihr hattet jetzt acht Wochen. Trotzdem ist auf den Außenbahnen nicht zu erkennen, wer dafür infrage kommt", kritisierte der ehemalige Nationaltorwart und aktuelle RTL-Experte Jens Lehmann Bundestrainer Joachim Löw vor einem Millionen-Publikum nach dem 0:2 der DFB-Auswahl gegen Polen am Samstag in der EM-Qualifikation.

Unsere Aufstellung: Neuer (C)-Rüdiger, Hummels, Boateng, Durm-Ginter, Kroos-Bellarabi, Götze, Draxler-Müller #GERIRL @UEFAEURO

Nachdem Löw kurz nach dem Abpfiff in Warschau dieser Kritik wenig entgegenzusetzen hatte, spielte er das Thema einen Tag vor dem Qualifikationsspiel der DFB-Auswahl gegen Irland in Gelsenkirchen (20.45 Uhr/Live-Ticker) herunter. "Ich sehe keine große Problematik. Wir werden in diesem Bereich bis zur EM etwas Arbeit haben, aber wie auch schon in Brasilien eine gute Lösung präsentieren", sagte der 54-Jährige am Montag.

Gegen Irland vertraut Löw erneut den Youngstern Antonio Rüdiger (21) und Erik Durm (22), die für ihn auch für die Länderspiele im November gegen Gibraltar und Spanien die erste Option sind. Gegen Polen hatten beide Verteidiger weder defensiv noch offensiv überzeugen können.

"Man kann nicht erwarten, dass wir einen Weltklasseverteidiger wie Philipp Lahm über Nacht eins zu eins ersetzen können. Ich bin sowohl von den Qualitäten von Rüdiger als auch von Durm überzeugt, die für ihr Alter schon sehr weit sind. Wir müssen den jungen Leuten Zeit geben, sich zu entwickeln", erklärte der Bundestrainer.

Dass der Stuttgarter Rüdiger und der Dortmunder Durm bis zur EM-Endrunde in Frankreich anderthalb Lehrjahre bestreiten dürfen, schließt Löw aber aus: "Ich habe auch noch einige anderen Kandidaten im Kopf, die diese Rolle gut ausfüllen können." Namentlich erwähnte er nur Sebastian Rudy. Der Hoffenheimer hatte beim 2:1 gegen Schottland überraschend die rechte Seite beackert. Gedacht haben dürfte Löw aber an den Wolfsburger Sebastian Jung, die beiden Freiburger Christian Günter und Oliver Sorg sowie den Dortmunder Weltmeister Matthias Ginter.

Dass er gerade auf den Positionen der Außenverteidiger immer mal wieder für eine Überraschung gut ist, hatte Löw in Brasilien bewiesen, wo er auf dem Weg zum Titel zunächst mit vier Innenverteidigern agierte. Aber erst als Lahm wieder aus dem Mittelfeld auf die rechte Seite zurückgezogen wurde, lief es spielerisch beim späteren Champion deutlich besser.

Lahms Rücktritt hat eine Lücke hinterlassen

Dass nach Lahms Rücktritt vor allem die Außenpositionen Sorgen machen, ist für Oliver Bierhoff nicht verwunderlich. "Im Jahr 2000 haben wir die Ausbildung richtigerweise umgestellt, ein bisschen weniger auf Kraft und Athletik, stattdessen auf Spaß, Technik, Wendigkeit geachtet. Man hat vielleicht vergessen, dann die ein oder andere Position zu besetzen", sagte der Teammanager selbstkritisch.

"In den U-Mannschaften werden die technische starken Spieler im Mittelfeld oder davor aufgestellt", sagte auch Löw, der diese Problematik bereits mit seinem ehemaligen Co-Trainer und aktuellem DFB-Sportdirektor Hansi Flick besprochen hat.

Dass ehemals gestandene Außenverteidiger wie Marcell Jansen, Dennis Aogo und Andreas Beck noch einmal in den Kreis der Nationalmannschaft zurückkehren, schloss Löw aus. "Einige, die bei uns schon dabei waren, spielen für unsere Planungen für 2016 keine Rolle mehr." Ob Marcel Schmelzer noch einmal eine Chance bekommt, ließ der Bundestrainer offen.

Dass Löw in seinen acht Jahren als Bundestrainer auf den Außenbahnen nichts probiert hätte, kann man ihm wahrlich nicht vorwerfen. Um die 30 Profis testete er auf links und rechts. Dazu zählen unter anderem Heiko Westermann, Arne Friedrich, Clemens Fritz, Marcel Schäfer, Christian Träsch oder auch ein Marvin Compper und Christian Pander.

(sid)
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