EM 2016 Bierhoff träumt vom Titel

Düsseldorf · Die Auswahl des DFB geht als Favorit ins EM-Turnier. Der Manager spekuliert auf die nächste Steigerung des Marktwerts.

 Teammanager Oliver Bierhoff.

Teammanager Oliver Bierhoff.

Foto: dpa, ua axs

1996 gelingt Wissenschaftlern erstmals das Klonen eines Säugetiers. Das Schaf "Dolly" wird weltberühmt. Der Schachcomputer "Deep Blue" bezwingt den Weltmeister Garri Kasparow. Und Deutschlands Fußball-Nationalmannschaft wird Europameister. Im Londoner Wembleystadion gewinnt das Team von Trainer Berti Vogts das Finale durch das "Golden Goal" von Oliver Bierhoff gegen Tschechien mit 2:1.

Knapp 20 Jahre später ist der damalige Stürmer Bierhoff Manager der DFB-Auswahl. Auch als Funktionär kann er Titel gewinnen. Die Weltmeisterschaft 2014 hat Bierhoff schon mitverantwortet, jetzt träumt er von der Europameisterschaft in Frankreich 2016. "Diesen Traum haben auch andere Nationen", sagt er in einem Gespräch mit der "dpa", "aber wir wollen als Weltmeister der Favoritenrolle gerecht werden - wir wollen mit der Art und Weise, wie wir uns außerhalb des Platzes präsentieren, und mit unserem Fußball begeistern."

1996 begeistert die Elf von Berti Vogts weniger mit Zauberkunststückchen auf dem Rasen als mit ihrem inneren Zusammenhalt. Vogts prägt das Wort: "Der Star ist die Mannschaft." Dagegen hat Bierhoff wahrscheinlich damals nichts. Aber er hätte sicher auch nichts gegen eine Hauptrolle einzuwenden. Dass er sie an einem schwülen Nachmittag Ende Juni im Wembleystadion bekommt, ist allerdings zunächst nicht abzusehen.

Der 1,91 Meter lange Stürmer hat sich auf dem zweiten Bildungsweg in die Nationalmannschaft gespielt. Bei deutschen Klubs findet er wenig Beachtung, in Salzburg und in der italienischen Provinz bei Udine und Ascoli aber wird er zum gefeierten Torjäger. Vogts sieht ihn dennoch nicht in der Startelf.

Als er im Finale wieder nur auf der Bank sitzt, habe sich schon eine Art "Egalstimmung" bei ihm breitgemacht, bekennt Bierhoff. Erst als die Tschechen in Führung gehen und es den Deutschen erkennbar an Mitteln fehlt, den Gegner auszuspielen, erinnert sich der Trainer an seinen Ersatzstürmer. Bierhoff kommt für Mehmet Scholl ins Spiel. Und er trifft. Mit dem Kopf auf Freistoßflanke von Christian Ziege und in der Verlängerung mit dem Fuß aus der Drehung. Es ist das einzige Endspiel, das die Deutschen durch das "Golden Goal" gewinnen. Das liegt einerseits daran, dass die Uefa die Regel, nach der der erste Treffer der Verlängerung entscheidet, 2002 abschafft. Zum anderen liegt es daran, dass deutsche Nationalmannschaften bei EM-Turnieren längere Zeit nur noch schäbige Nebenrollen spielen. 2000 und 2004 ist schon nach der Vorrunde Schluss.

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Der Wiederaufschwung beginnt, als Bundestrainer Jürgen Klinsmann zu einer Renovierung des deutschen Fußballs ansetzt. An seiner Seite: Bierhoff, diesmal in einer Hauptrolle als Teammanager. Er sorgt für professionelle Strukturen und erfreut mit seinem smarten Manager-Wesen nicht gerade jeden Traditionalisten im Verband. Gleich mehrmals versuchen sie, ihn aus dem Amt zu vertreiben. Aber Bierhoff bleibt, auch weil die sogenannte sportliche Leitung - zunächst Klinsmann, dann Joachim Löw - fest zu ihm steht. Die DFB-Auswahl wird ständiger Gast in den Vorschlussrunden-Spielen der großen Turniere. Und das stärkt die Position des Löw-Teams, dem sich Bierhoff zugehörig fühlen darf. Er spricht von einer "Freundschaft, die sich immer weiter entwickelt hat".

Längst gehört Bierhoff zu den starken Männern beim DFB. Sein Vertrag endet erst 2020, vermutlich ist es eine Lebensstellung. Denn der Manager baut nun auch die DFB-Akademie auf. "Eine faszinierende Aufgabe", sagt er, "da steckt viel Herzblut drin."

Herzblut und innere Anteilnahme trauen ihm seine Kritiker immer noch nicht zu. Sie halten Bierhoff für den Prototyp des kühlen modernen Fußballmanagers, der seiner Familie schon am Frühstückstisch mit einer Powerpoint-Präsentation die Welt erklärt.

Das stört ihn nicht. Er kann darauf verweisen, dass seine Bilanz stimmt. Inzwischen holt die DFB-Auswahl dem Verband pro Jahr 100 Millionen Euro herein. "Das sind 70 Prozent des Gesamtumsatzes, und wir geben nur 25 Prozent aus, der Rest geht an die Basis", erklärt Bierhoff stolz. Die Sponsoren stehen Schlange. Mercedes ist Generalsponsor, Bitburger, Coca-Cola, Commerzbank, Deutsche Post, Sony, Deutsche Telekom sind Premiumpartner, Allianz, Lufthansa, McDonald's, Nivea und Rewe Partner. Bierhoff hat die Mannschaft zur Marke gemacht. Das muss nicht jedem gefallen, aber es bringt tüchtig Geld in die Kasse.

Ein EM-Titel wäre weiterer Treibstoff für diese Geldmaschine, denn er steigert den Marktwert noch einmal beträchtlich. Deshalb träumt Bierhoff einen sehr wirtschaftlichen Traum.

(pet)
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