1000 Tage vor dem Eröffnungsspiel EM 2016 ist zweite Chance für Frankreich

Paris · Am Samstag sind es noch genau 1000 Tage bis zur Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Das Land will in Sachen Infrastruktur nachholen, was es bei der WM 1998 versäumt hat.

EM 2016 - die 10 Stadien der 9 Spielorte in Frankreich
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Die Spielstätten in Frankreich

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Foto: dpa, sn mr

Noch steht nicht einmal fest, wer an der Fußball-Weltmeisterschaft im kommenden Sommer in Brasilien teilnehmen wird, da feiert Frankreich schon ein anderes Fußballfest: Am Samstag (14. September) sind es noch 1000 Tage bis zur Eröffnung der 15. Europameisterschaft. Das Eröffnungsspiel findet am 10. Juni 2016 statt, das Endspiel am 10. Juli 2016.

Viel mehr steht, außer den zehn Spielstätten und der erstmaligen Ausweitung auf 24 Teilnehmer, noch nicht fest. Wie die Qualifikationsspiele ablaufen sollen, ohne dass gähnende Langeweile droht (52 Teilnehmer, fast die Hälfte qualifiziert sich), wird die Europäische Fußball-Union (Uefa) erst Ende des Jahres bekannt geben.

Ausgelost werden die Qualifikationsgruppen am 23. Februar 2014 in Nizza. Aufgrund der Aufstockung der Teilnehmer (16 seit 1996) kommt es zu 51 Spielen. Insgesamt erwartet das französische Organisationskomitee 2,5 Millionen Zuschauer. Es steht unter der Leitung von Jacques Lambert, der auch schon lokaler Cheforganisator der WM 1998 war. Lambert: "Wir haben es 1998 versäumt, die Stadien zu modernisieren, wie die Deutschen das vorbildlich 2006 gemacht haben. Wir sind der UEFA dankbar, eine zweite Chance erhalten zu haben."

Vier Neubauten

1998 flossen 70 Prozent der staatlichen Unterstützung in den Bau des Stade de France im Norden von Paris. Seit 1945 sind in Frankreich nur drei Stadien mit einer Kapazität von mehr als 30.000 Plätzen gebaut worden: Der Prinzenpark in Paris (1972), das Beaujoire in Nantes (1984 zur EM) und das Stade de France (1998).

Das wird sich in drei Jahren geändert haben. Gespielt wird in zehn Stadien, wovon vier neu gebaut werden. Die in Lille und Nizza sind schon fertig; bei dem in Lyon wurde der Grundstein gelegt, in Bordeaux sind die Vorbereitungsarbeiten im Gange. Erstmals wird bei Stadion-Neubauten in Frankreich eine gemischte staatlich/private Finanzierung praktiziert, wobei der Staat den Investoren über Jahrzehnte die Nutzungsrechte abtritt und Bürgschaften übernimmt.

Lyon, der einzig börsennotierte Verein in Frankreich, stemmt als einziger Klub ein eigenes neues Stadion und nennt es "Stadion des Lichts" - nicht, um Lissabon herauszufordern, wo im Estadio de Luz das nächste Champions-League-Finale stattfindet, sondern Paris, weltweit als Lichterstadt bekannt.

Paris - die einzige Stadt, in der das Knäuel noch nicht entwirrt ist. Während Vereine wie Marseille und Toulouse murrend, aber hoffend auf eine bessere Zukunft ihre Heimspiele auf Kosten der Kapazität in Baustellen austragen, ist bei Paris St. Germain noch nichts entschieden.

Mal dachten die Eigentümer aus Katar darüber nach, für eine Saison ins Stade de France auszuwandern. Das aber gefiel der Stadt Paris nicht, weil Eigentümer des Stade de France der Staat ist. Der hätte dann die Miete kassiert und seinen Zuschuss an das Betreiberkonsortium - sieben Millionen Euro/Jahr wegen mangelnder Auslastung - mit 19 Heimspielen des PSG erheblich mindern können.
Nur die Stadt würde in die Röhre schauen.

Die Kataris aber möchten der Stadt einen Ausbau des Prinzenparks auf rund 60.000 Zuschauer abtrotzen - oder ein Gebiet für ein neues Stadion haben. Die erste Idee lässt sich nicht verwirklichen. Der Prinzenpark liegt in einem Wohnbaugebiet wie einst der Mönchengladbacher Bökelberg, und hätte man den mit einem Fassungsvermögen von 60.000 gesehen? Außerdem "steht" der Prinzenpark teilweise auf der Stadtautobahn; zusätzliches Gewicht löst statische Probleme aus.

Aber sonst haben die Franzosen alles im Griff. Der Staat rechnet mit rund 1,7 Milliarden Euro Kosten. Autobahnen sind da und meist staufrei, weil die Franzosen die von der zurückgelegten Strecke abhängigen Maut-Gebühren scheuen (knapp 10 Cent/Kilometer). Die Schnellzugverbindungen (TGV = Train Grande Vitesse) zwischen den EM-Städten stehen. Und auch Hotels gibt es genügend, um Preiswucher während der EM zu vermeiden.

Es ist ja kein Zufall, dass Uefa-Präsident Michel Platini die EM 2020 in ganz Europa austragen lassen will, weil er kaum noch ein Land auf diesem Kontinent findet, dass ein Ereignis mit 24 teilnehmenden Teams und Millionen reisender Fans bewältigen kann. Die "Grande Nation" kann es - mit stolzgeschwellter Brust.

(sid)
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