EM 2016 Löw-Liebling Özil ist am Zug

Évian-les Bains · Kein deutscher EM-Spieler wandelt so auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn wie Mesut Özil. Joachim Löw schwärmt jedoch mehr denn je von seinem Spielmacher.

Deutschland - Ukraine: Einzelkritik zur EM-Partie
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Deutschland - Ukraine: Einzelkritik

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Foto: ap, AF FP

Die Präzision wie bei Schweinsteigers Sahnetor gegen die Ukraine will Joachim Löw ständig von Mesut Özil sehen. Einschussgenau servierte der Mittelfeldstar des FC Arsenal den Ball für seinen Teamkollegen. Und der erzielte zum EM-Auftakt das umjubelte 2:0. "Es ist mein Ziel, auf dem Platz meine Leistung zu bringen", sagte der Mittelfeldspieler, der gegen Polen sein 75. Länderspiel bestritt.

Der Bundestrainer fordert eine Menge von seinem Regisseur, den er über den Klee lobte. "Mesut ist in einer überragenden Verfassung", schwärmte Löw vor dem Turnierstart. "Er hat überragende Fähigkeiten, wie kaum ein anderer Spieler auf der Position. Er ist für uns extrem wertvoll. Diese Technik und diese letzten Pässe sind einfach genial", sagte Löw. Mit diesen ruhmreichen Worten will der Bundestrainer, der schon Mario Götze mit dem Spruch "Zeig' der Welt, dass du besser bist als Messi" zum Siegtor im WM-Finale anstachelte, Özil zu Höchstleistungen antreiben.

Der Löw-Liebling stand bei der WM 2010 in Südafrika in allen sieben Partien auf dem Platz. Sein Siegtor gegen Ghana sicherte den Einzug ins Achtelfinale und die guten Turnierleistungen brachten ihm selbst den Wechsel zu Real Madrid ein. Bei der EM 2012 und bei der WM 2014 war Özil ebenfalls gesetzt, spielte immer. Doch eine Gala des Spielmachers auf dem Weg zum Triumph gab es nicht. "2014 hatte er ein bisschen Schwierigkeiten, auch körperlich fit zu sein. Er hat trotzdem ein paar Spiele gemacht, die in Ordnung waren", sagte Löw. "Aber heute hat Mesut Özil eine ganz andere Verfassung."

Der inzwischen 27-jährige Özil ist seit seinem Wechsel in die Premier League gereift. Körperlich ist der 74-malige Nationalspieler in der robusten Liga deutlich stärker geworden. "Ich mache auch neben dem Platz einiges, das meinem Körper gut tut", sagte Özil. Er achte mehr auf die Ernährung, mache viel für seine körperliche Verfassung. "Der Spielstil ist gleich geblieben, das kannst du als Spieler nicht ändern", erklärte er.

Der Spielstil ist es aber auch, der so unterschiedlich wahrgenommen wird. An guten Tagen ist der geschmeidige Özil ein genialer Kicker, dessen Pässe auch die Arsenal-Offensive häufig verwerten kann. Nur knapp verpasste er in der abgelaufenen Saison in England mit 19 Vorlagen den Arsenal-Rekord von Thierry Henry. Herausragend ist auch ein anderer Topwert: 146 Torchancen bereitete Özil für die Londoner vor, die ihn 2013 für 50 Millionen Euro einkauften. An schlechten Tagen fehlt diese Präzision, die Körpersprache wird dem Mittelfeldakteur dann als Lethargie ausgelegt.

Nach dem erfolgreichen Start gegen die Ukraine sei eine Last abgefallen, sagte Özil. Nun soll am Donnerstag gegen Polen (21 Uhr/Live-Ticker) ein weiterer Schritt Richtung Gruppensieg gemacht werden. In den K.o.-Spielen seien die Franzosen der stärkste Rivale. "Sie spielen super Fußball, haben eine sehr starke Mannschaft und sie haben ihr Publikum", sagte Özil, der sich ein Aufeinandertreffen möglichst spät wünscht.

(jado/dpa)
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