Sportjournalismus-Legende "Mister Sportschau" Ernst Huberty wird 90

Köln · Im Sportjournalismus werden oft ziemlich schnell Legenden geschaffen, und ebenso schnell werden die Denkmäler wieder eingerissen. Umso wichtiger, dass es noch wirkliche Legenden gibt.

Mit 96 Jahren verstorben: Ernst Huberty – Mister Sportschau mit Klappscheitel
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Das ist Ernst Huberty

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Foto: dpa

Dazu gehört mit Sicherheit Ernst Huberty, der am Mittwoch (22. Februar) sein 90. Lebensjahr vollendet. Als die erste Sportschau der ARD am 4. Juni 1961 über den Sender ging, war er schon dabei. Das Bild ist ebenso legendär wie die Menschen, die es zeigt.

In der Mitte Huberty, links daneben Dieter Adler, rechts Addi Furler. schwarz-weiß, logisch, urtypisch, unverwechselbar, wunderbar. Eigentlich wollte Huberty ins Feuilleton, als er in Koblenz mit dem Journalismus anfing.

Das hat sich dann relativ schnell erledigt. "Nichts ist schlimmer als der schludrige Umgang mit Sprache", sein Satz kann aber auch 2017 noch Richtschnur sein, vielleicht mehr als jemals zuvor.

Seine große Qualität war die Seriosität, alles, was er sagte, war in Stein gemeißelt. Er wollte das auch immer so, "da kann man nichts zurücknehmen", hat er stets betont. Deshalb war er auch ein Meister der aktuellen Sportreportage im Fernsehen.

Manchmal genügen zwei Worte

Eine Orientierung für alle, die nach ihm kamen. "Ausgerechnet Schnellinger", als der Mann vom AC Mailand im Jahrhundertspiel gegen Italien bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko kurz vor Schluss der regulären Spielzeit im Halbfinale das 1:1 erzielte, es war eine unvergessliche Reportage. Warum braucht man heute eigentlich mehr Worte, wenn zwei genügen? Für eine legendäre Szene.

Huberty war für viele Generationen eine Orientierung wie Karl-Heinz Köpcke in der Tagesschau, wie Robert Lembke, Peter Frankenfeld oder Hans-Joachim Kulenkampff. Bei ihm konnte nichts passieren, es passte immer alles, es war: gut, sehr gut.

"Mister Sportschau" haben sie ihn genannt, er war es schlicht, jede Art von Show war ihm fremd. Er sagte das Wichtige, weil das Unwichtige ist, was es ist: unwichtig.

Unvergessene Diskussionen über Sportjournalismus, über Qualität, darüber, was gute Reportagen von weniger guten unterscheiden. Sein Urteil war immer treffend, immer überzeugend.

"Ich habe erreicht, was ich wollte", hat er gesagt, als er abgetreten ist. Wie schön, wenn man das sagen kann. Und trotzdem präsent bleibt. Nach der Zeitung ging er zum Südwestfunk nach Baden-Baden, danach zum WDR nach Köln. Er kehrte zurück bei Premiere in den Startjahren, auch bei Sat.1 hat er nochmal ausgeholfen.

Er bildete die aus, die heute das Geschäft bestimmen, obwohl sie nie stilbildend werden konnten und können in der Art, wie er es war. Er kommentierte die "Wasserschlacht von Frankfurt" 1974 bei der Weltmeisterschaft in Deutschland, unvergessen. Er sah den Elfmeter von Uli Hoeneß am 20. Juni 1976 im Finale der Europameisterschaft in der Nacht von Belgrad verschwinden, er kommentierte am 23. Juni 1973 das legendäre Pokalfinale zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln im Düsseldorfer Rheinstadion, als sich Günter Netzer selbst einwechselte, das entscheidende Tor zum 2:1 erzielte und den FC als Verlierer nach Hause schickte.

Schon 2011 ist er für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. Das ist jetzt auch schon wieder sechs Jahre her, er war und ist vielleicht sogar einer der Gründe, warum viele in diesem Beruf gelandet sind. Die Zeiten verändern sich und die Menschen mit ihnen. Er nie.

Auch, wenn der "Klappscheitel" verschwunden ist. Wie ein Fels in der Brandung, einer, der vielleicht sogar ein Vorbild ist. Das ist ein großes Wort, sicher. Herzlichen Glückwunsch zum 90. Geburtstag, Ernst Huberty.

(sid)
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