1. FC Köln in London Comeback nach 25 Jahren

London · Am 30. September 1992 scheiterte der 1. FC Köln im Uefa-Cup an Celtic Glasgow. Heute kehrt der Klub in London auf die europäische Bühne zurück. Doch der Bundesliga-Fehlstart drückt vor der Partie gegen den FC Arsenal auf die Stimmung.

Im September 2013 zog Jörg Schmadtke seine erste Zwischenbilanz als Geschäftsführer beim 1. FC Köln. "Das Pendel", sagte Schmadtke nach gut zwei Monaten im Amt, "schlägt in diesem Verein höher aus als anderswo." Heute kann der 53-Jährige auf eine vier Jahre andauernde Erfolgsgeschichte zurückschauen. Schmadtke beruhigte zusammen mit Trainer Peter Stöger einen Verein, von dem niemand glaubte, man könne ihn beruhigen. Sie schmiedeten eine verschworene Gemeinschaft auf und neben dem Platz, die stets passend ergänzt wurde und sich von der zweiten Liga bis in die Europa League hocharbeitete.

Doch ausgerechnet jetzt, im größten Moment des Erfolges, kurz vor der langersehnten Rückkehr auf die internationale Bühne, muss Schmadtke erfahren, wie treffend seine Analyse war. Drei Niederlagen und 1:7 Tore in der Bundesliga zum Start reichen dem Kölner Umfeld aus, um das Pendel in die komplett andere Richtung ausschlagen zu lassen, und das erfolgreiche System in Frage zu stellen. Und so liegt über dem Festtag des 1. FC Köln heute in London beim FC Arsenal (21.05 Uhr, Sport1) ein kleiner Schatten.

1. FC Köln: FC-Fans erobern London
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Köln-Fans erobern London

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Foto: Patrick Scherer

Der Geschäftsführer ist indes bemüht, sich nicht von der negativen Stimmung anstecken zu lassen. "Wir machen da kein Sightseeing. Wir fahren da hin, um das Spiel zu gewinnen", sagt Schmadtke. "Wir freuen uns darauf. Wir sind nach 25 Jahren wieder international vertreten, und alle wollen mir sagen, dass das im Moment scheiße ist. Ich lasse mir das nicht schlechtreden."

Der ehemalige Bundesliga-Torwart ist sich bewusst, dass der Erfolg von gestern im Fußballgeschäft heute nur noch wenig Wert hat - in der schnelllebigen Welt der sozialen Medien umso mehr. Doch er will einfach einen Moment genießen dürfen, den er und seine Mitarbeiter sich hart erarbeitet haben. Dass der gebürtige Düsseldorfer von den eigenen Anhängern bereits nach 270 Minuten Bundesliga-Fußball wegen seiner Personalpolitik in Frage gestellt wird, muss wehtun. Vier Jahre Erfolg haben ihm allem Anschein nach nur wenig Kredit eingebracht. Gestern wollten sie ihm ein Denkmal bauen, heute zweifeln sie an seinen Fähigkeiten.

Doch für den heutigen Tag werden sicher auch die Kölner Fans ihre Vorbehalte hinten anstellen. 2900 der knapp 59.000 Karten gingen offiziell an den 1. FC Köln, im Emirates Stadium im Norden Londons werden aber deutlich mehr Effzeh-Fans erwartet. In der Stadt feiern gar bis zu 10.000 Kölner den Feiertag. Das bisher letzte Europapokalspiel verloren die Domstädter am 30. September 1992. Nach dem 2:0 im Hinspiel der ersten Runde des Uefa-Pokals gab es bei Celtic Glasgow eine 0:3-Niederlage.

Gestern Morgen startete am Köln-Bonner-Flughafen dann das Projekt Europa-League-Debüt. Stöger sieht das Spiel als eine "Belohnung für vergangenes Jahr. Es ist eine schwierige Aufgabe, bietet uns aber die Chance, etwas Positives mitzunehmen, was uns auch in Richtung Meisterschaft weiterbringen könnte". In der Liga geht es am kommenden Sonntag zur Dortmunder Borussia. Es gibt leichtere Wochen. Und so gilt das Credo, sich in London möglichst teuer zu verkaufen. Schmadtke spricht zwar vom Sieg, sagt aber auch, dass Arsenal mit den deutschen Weltmeistern Mesut Özil (wird gegen Köln geschont), Per Mertesacker und Shkodran Mustafi die Top-Mannschaft unter allen Europa-League-Teilnehmern sei.

Ein Remis wäre somit ein Achtungserfolg. Und wenn es dazu nicht reichen sollte, könnte schon ein Tor von Jhon Cordoba die Stimmung rund ums Geißbockheim auflockern. Der kolumbianische Zugang soll den nach China abgewanderten 25-Tore-Mann Anthony Modeste ersetzen. Auf Cordoba fokussiert sich die Kritik der Fans. Teile der Anhänger verurteilten ihn bereits als Fehleinkauf, bevor er überhaupt erstmals das Effzeh-Trikot übergestreift hatte.

Was gerne vergessen wird: Auch Modeste hatte in seiner ersten Saison in Köln eine Durststrecke, die ihm einen schweren Stand einbrachte. Cordoba braucht das, was alle Stürmer in solchen Situationen brauchen: ein Erfolgserlebnis. Dann könnte auch das Stimmungspendel schnell wieder in die andere Richtung schwingen.

(erer)
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