Traumlos in der Europa League Kloppo kehrt zurück

Dortmund · Der Dortmunder Volksheld kommt als Trainer des FC Liverpool zum Europa-League-Viertelfinale.

Borussia Dortmund: Jürgen Klopp mit Choreo verabschiedet
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BVB-Fans verabschieden Klopp mit Choreo

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Foto: dpa, bt tmk

Auf dem Rasen stehen die Spieler und klatschen Beifall. Auf der Südtribüne des Dortmunder Stadions, der berühmten gelben Wand, winken 25.000 Fans. Und Jürgen Klopp legt zum Abschied die Hand aufs Herz. Nach sieben ziemlich erfolgreichen Jahren verlässt der Trainer den BVB. Das war im vergangenen Sommer. Im Frühjahr kommt er zurück, als Coach des FC Liverpool zum Hinspiel im Viertelfinale der Europa League. Vielleicht fließen wieder Tränen der Rührung.

Klopps Wunschgegner ist der ehemalige Klub nicht. Das hat er unmittelbar nach dem Einzug in die Runde der letzten Acht erklärt. "Warum sollte ich in der nächsten Runde gegen die stärkste Mannschaft im Wettbewerb antreten wollen? Ich bin nicht so dumm", sagte er nach dem 1:1 bei Manchester United.

Nun überstrahlt sein Gastspiel in Dortmund sogar noch die Viertelfinalpartien in der Champions League. Dort wurde dem VfL Wolfsburg das große Real Madrid zugelost, und Bayern München tritt gegen Benfica Lissabon an.

Die Schlagzeilen aber gehören Klopp und dem BVB. "Er ist wieder da", twitterte der Dortmunder Nationalspieler Ilkay Gündogan. Man hört regelrecht die Heldenverehrung. Denn nicht nur für die Südtribüne ist Klopp alles andere als ein normaler Fußballtrainer. Schließlich hat "er" den dahindümpelnden Kahn BVB so richtig flott gemacht. Mit seinem temporeichen Fußball, Sinn für die Öffentlichkeitsarbeit, manchmal klugen, manchmal provozierenden Sprüchen und vorgelebter Leidenschaft führte er die Dortmunder Mannschaft an die deutsche Spitze. Zwei Jahre in Folge schnappte der BVB den Bayern den Meistertitel weg, in einem denkwürdigen DFB-Pokalfinale demontierten Klopps Dortmunder die Münchner mit 5:2. Das BVB-Team war seinem Lehrmeister geradezu ergeben, böse Menschen sprachen von einem sektenhaften Gebilde.

Irgendwann mussten sich die Spieler von ihrem Guru emanzipieren. Das war nur eine Frage der Zeit. Nach sieben Jahren Zusammenarbeit hatten sich beide Seiten so auseinandergelebt, dass dem Bündnis Klopp/BVB die Energie ausging. Der Trainer war klug genug, das als Erster einzusehen. Er kündigte seinen Rücktritt vor einem Jahr an, weil er merkte, dass "ich nicht mehr der perfekte Trainer für diesen großen Klub bin". Der Abschied war noch einmal eine tiefe Verbeugung vor dem Verein. Und wie innig die Verbindung war, zeigte die Pressekonferenz, in der Klopp sein Vertragsende zum Sommer ansagte. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke konnte die Tränen nicht zurückhalten.

Die Rückkehr in das größte deutsche Stadion wird für Klopp kaum minder emotional sein. Schließlich erinnert er sich ganz bestimmt an seine allerbesten Zeiten in dieser Schüssel. An die beiden Meisterschaften, aber sicher auch an die herausragende Champions-League-Saison vor drei Jahren.

In Dortmund gab es zwei Spiele, die es in jede Vereinschronik schaffen würden. Anfang April waren tausende von Zuschauern bereits auf dem Heimweg, als der BVB die Viertelfinal-Begegnung mit dem FC Malaga durch zwei Treffer in der Nachspielzeit drehte. Der Jubel nach dem 2:2 und 3:2 lockte viele Fans zurück in die Betonschüssel. Auf dem Rasen tanzten Klopp und seine Jungs ein wildes Ballett.

Ein paar Wochen später schoss der BVB durch vier Treffer von Robert Lewandowski Real Madrid im Halbfinalhinspiel mit 4:1 vom Platz. In die Begeisterung mischte sich ein Schuss Fassungslosigkeit. Das Finale verloren die Dortmunder im Londoner Wembleystadion zwar mit 1:2 gegen Bayern München, aber sie machten vor den Augen der Fußballwelt beste Werbung für ihr Produkt. Auch in London nahm Klopp mit der Hand auf dem Herzen Abschied von den Fans.

Neben seiner Fähigkeit, Spieler für ein gemeinsames Ziel zu begeistern, hat der Trainer eine bemerkenswerte Begabung für die großen Gesten zur rechten Zeit. Beides erklärt seinen Erfolg. In den Begegnungen mit Dortmund trifft er auf eine Mannschaft, die sein Nachfolger Thomas Tuchel konsequent fortentwickelt hat. Dem hemmungslosen Tempofußball der Marke Klopp hat Tuchel feine Varianten verpasst. Der BVB spielt immer noch schnell, wenn es sein muss, aber er hat inzwischen auch eine höhere fußballerische Reife. Das macht ihn für Liverpool gefährlich. Und das erklärt Klopps Hochachtung vor diesem Gegner.

(pet)
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