"Wir haben alles vermissen lassen" Breitenreiter und Heldt kritisieren Schalker Einstellung

Gelsenkirchen · Trainer André Breitenreiter hatte die Generalabrechnung mit seiner "Kindergarten"-Truppe gerade erst beendet, da setzte Manager Horst Heldt sogar noch einen drauf. "Das ist Dreck", sagte Heldt über die Leistung von Champions-League-Kandidat Schalke 04 beim peinlichen 0:3 (0:2) bei Aufsteiger FC Ingolstadt.

Während die Schanzer nach ihrem bislang höchsten Bundesliga-Sieg den Klassenerhalt fast sicher haben, verlor Schalke mit einem desolaten Auftritt Platz vier — und damit das Saisonziel wieder ein Stück weit aus den Augen. Und das eine Woche vor dem Derby gegen Erzrivale Borussia Dortmund am kommenden Sonntag sowie den Krachern beim FC Bayern und gegen Konkurrent Bayer Leverkusen.

Die Gästefans jagten ihre hilflosen Stars im Audi Sportpark mit einer an den verhassten Nachbarn gerichteten Tirade in die Kabine ("Sch... BVB!"), wo sie der Chef mit einer Standpauke empfing. "Das war für mich eine riesige Enttäuschung", sagte Breitenreiter, der bei ähnlichen Auftritten in den kommenden Wochen kaum eine Zukunft auf Schalke haben dürfte: "Wir haben alles vermissen lassen. Biss, Herz, Einstellung."

Der Coach ging bei seiner Kritik ins Grundsätzliche. "Uns ist es bis heute nicht gelungen, Siegermentalität auf den Platz zu bekommen", sagte er. Zwar stimme der Charakter der Mannschaft, meinte Breitenreiter in ruhigem Ton, seine "sauberen Jungs" seien aber mitunter "zu lieb". Es fehlten Führungsspieler, die ein Zeichen setzten. "Wir haben fünf Gelbe Karten bekommen, vier sind in der Kategorie Kindergarten einzuordnen. Das können wir nicht gebrauchen!"

Ebensowenig wie die von Heldt "komplett unnötig" genannten Gegentore nach gutem Beginn. Moritz Hartmann (29., Foulelfmeter), Lukas Hinterseer (45.+2) und Dario Lezcano (65.) bestraften die teilweise eklatanten Fehler. Am Ende war es ein besseres Trainingsspiel für den FCI. "Das war einfach nur Käse von uns", sagte Ersatzkapitän Ralf Fährmann bei Sky, die Königsklasse sei aber ohnehin "pure Träumerei" gewesen. Das junge Team sei schlicht "noch nicht so weit".

Auch Heldt ("Ich bin sauer") stellte das Gesamtgefüge der - von ihm zusammengestellten - Mannschaft infrage, Breitenreiter nahm er in Schutz. "Mir fehlte das Aufbäumen innerhalb der Truppe, das kann nicht immer von außen kommen", sagte er, "wir ergeben uns zu schnell unserem Schicksal". Heldt gab sich einen Tag später im Doppelpass bei Sport1 aber schon wieder kämpferisch: "Ich bin weit davon entfernt, das Rennen aufzugeben und mich in die Hängematte zu legen."

Schalkes Hoffnung heißt jetzt ausgerechnet BVB. "Im Derby kann man ganz viel positive Stimmung zurückgewinnen", sagte Breitenreiter. Nur wie? Heldt weiß es. "Wir müssen schleunigst ein anderes Gesicht zeigen, sonst werden wir gegen Dortmund keinen Blumentopf gewinnen." Die Frage bleibt, ob Schalke dieses Gesicht hat.

Breitenreiter nannte den FCI als Vorbild. Die Schanzer erkämpften und erspielten sich bereits 36 Punkte. Mit dieser Bilanz - wohl gemerkt am Saisonende — stieg in den vergangenen 13 Jahren kein Team ab. "Das war ein riesengroßer Schritt", sagte Spielmacher Pascal Groß, "aber wir werden weiter kämpfen, bis es sicher ist".

Trainer Ralph Hasenhüttl peilt 40 Zähler an, sagte aber: "Jeder, der mit dem FC Ingolstadt sympathisiert, kann stolz sein auf das, was passiert ist." Nicht nur gegen Schalke.

(sid)
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