Schalke-Sportvorstand Heldt in der Kritik Meine Schuld, mein Klub, mein Plan

Gelsenkirchen · Schalkes Sportvorstand Horst Heldt legt ein umfangreiches Schuldbekenntnis ab und ruft zum Neuanfang auf. Auf der Pressekonferenz beantwortet er geduldig jede Frage – ohne wirklich auf sie einzugehen.

Roberto Di Matteo und Co.: Die Verlierer der Bundesliga-Saison 2014/15
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Schalkes Sportvorstand Horst Heldt legt ein umfangreiches Schuldbekenntnis ab und ruft zum Neuanfang auf. Auf der Pressekonferenz beantwortet er geduldig jede Frage — ohne wirklich auf sie einzugehen.

Horst Heldt sieht da oben auf dem Podium ein wenig verloren aus. Er blickt der angespannten Lage angemessen ernst drein. Es ist der Tag, an dem er mal wieder erklären muss, was alles nicht gut gelaufen ist in den vergangenen Monaten. Am Dienstagvormittag hat der FC Schalke 04 eine Mitteilung verschickt, in der die Trennung von Trainer Roberto Di Matteo verkündet worden ist. Kein Rauswurf. Di Matteo habe sich entschieden, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Diese Formulierung dürfte Teil intensiver Beratungen über den Aufhebungsvertrag in den vergangenen Tagen gewesen sein. Wie kann man auseinandergehen, ohne sich gegenseitig zu weh zu tun? Es geht darum, dass jeder sein Gesicht wahrt — und es geht um ein paar Millionen Euro als Abfindung.

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Sportvorstand Heldt sitzt 35 Minuten auf dem Podium. Er weicht keiner Frage aus, sei sie noch so absurd. Kostprobe: Herr Heldt, ist Jürgen Klopp als Nachfolger vorstellbar, will jemand wissen. Heldt: "Sieben Jahre echte Liebe kann man nicht innerhalb von zwei Monaten verändern. Das wäre nicht glaubwürdig. Wir müssen schon authentisch bleiben." Er beantwortet allerdings auch keine Frage richtig. Er erzählt, was er erzählen will. Die Botschaft an seine Kritiker: Ich bin hier der Macher, in guten wie in schlechten Zeiten. Ich, Ich, Ich. "Ich habe mich für Di Matteo entschieden." "Ich habe eine Entscheidung getroffen." "Ich habe eine ganz klare Vorstellung, wie hier künftig Fußball gespielt werden soll." "Ich trage dafür die Verantwortung."

Auch das dürfte Teil der Vereinbarung mit Di Matteo gewesen sein: Dass es nicht geklappt hat, liegt selbstredend nicht an den Qualitäten von Trainer und Manager. Die Umstände haben ein erfolgreicheres Arbeiten nicht zugelassen. "Ich bin nach wie vor von ihm überzeugt", befindet Heldt. "Er wird weiter seinen Weg gehen. Hier hat es nur einfach nicht geklappt." Doch Heldt sagt auch: "Klar ist, es sind Fehler gemacht worden. Es gab Probleme im Zusammenleben der Mannschaft." Es ging offenbar auch um strategische Fragen, bei denen Di Matteo andere Vorstellungen hatte. So soll der Italiener einen Verkauf von Talent Max Meyer begrüßt haben, Heldt sah das wohl anders, heißt es aus Vereinskreisen.

Ist er denn sicher, dass er, Heldt, weiter der Richtige für Schalke ist? "Ich habe einen Vertrag bis 2016. Für mich gibt es deshalb keinen Grund, mir über irgendetwas anderes Gedanken zu machen." Er vielleicht nicht, andere schon. Am 28. Juni ist Mitgliederversammlung auf Schalke, man kann sich ausmalen, was Heldt dort zu hören bekommen wird. Am 28. Juni ist auch Trainingsauftakt. Bis dahin, sagt er, wolle er die Sache mit dem neuen Chefcoach auf jeden Fall geregelt haben. Wenn nicht, würde es auch notfalls interne Lösungen geben. Kurze Pause. Heldt muss selbst schmunzeln. Zu absurd ist die Vorstellung, er könne nun einen Monat lang gemütlich einen Kandidaten suchen. Jeden Tag, an dem er keine Lösung präsentiert, wird über neue Namen spekuliert werden. Andre Breitenreiter, Marc Wilmots, Huub Stevens, Armin Veh. "Der erste große Fehler wäre jetzt, einen Schnellschuss zu präsentieren." Vieles erscheint derzeit möglich. Selbst eine Begnadigung von Kevin-Prince Boateng und Sidney Sam ("Wenn mich der neue Trainer davon überzeugen würde.")

Das Anforderungsprofil für den neuen Cheftrainer hat er schon ziemlich genau vor Augen. Der soll für attraktiven Fußall stehen, Disziplin in der Truppe gewährleisten und junge Spieler weiterentwickeln. Das alles würde für Norbert Elgert (58), verantwortlicher Trainer im Nachwuchsbereich von Schalke, sprechen. Elgert hat mit den A-Junioren zum dritten Mal die Meisterschaft gewonnen. Ein Aufstieg zu den Profis könne er sich erst in ein, zwei Jahren vorstellen: "Nach 18 Jahren im Nachwuchsbereich brauche ich jetzt erstmal eine längere Pause, vielleicht eine Kur." Vielleicht verschiebt er derlei Pläne aber auch einfach. Heldt vermeidet ein Dementi. "Ich tausche mich ständig mit ihm aus", sagt er. "Er geht jetzt erstmal in Urlaub. Wir werden Gelegenheit finden, alles miteinander in Ruhe zu besprechen." Ruhe ist allerdings so ziemlich dass einzige, was man auf Schalke nicht findet.

(RP)
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