Juventus will Draxler immer noch Geld oder Liebe

Gütersloh/Gelsenkirchen · Der Abgang von Julian Draxler bei Schalke 04 ist trotz der gescheiterten Verhandlungen mit Juventus nicht vom Tisch.

Julian Draxler – Jung-Star, Weltmeister, Millionen-Transfer
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Das ist Julian Draxler

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Es ist gerade einmal zwei Jahre her, da wurde Julian Draxler in Überlebensgröße durch den Pott gefahren. Selbst durch Dortmund rollten die acht Kleinlaster. Auf den Plakaten stand geschrieben: "Mit Stolz und Leidenschaft bis 2018". Die Botschaft: Schalke 04 bindet den Gelsenkirchener Jungen, der seit seinem achten Lebensjahr für die Knappen spielt, als Identifikationsfigur langfristig. Echte Liebe eben - nur in diesem Fall in den Farben Blau und Weiß. Gefühle ändern sich. Und nun ist es plötzlich vorstellbar, dass Draxler sich alsbald ein neues Revier sucht.

Seit Montagabend ist allerdings auch klar: Zu Juventus Turin wird der 21-Jährige in der neuen Spielzeit nicht wechseln. "Ich habe die Verhandlungen mit Juventus abgebrochen und den Italienern untersagt, mit Julian Kontakt aufzunehmen", verkündete Schalkes Sportvorstand Horst Heldt nach einem Testspiel gegen den FC Porto (0:0) im Gütersloher Heidewald-Stadion. Das Angebot des italienischen Meisters entsprach offensichtlich nicht im Mindesten seinen Vorstellungen. Laut "Bild" hatte Juve "nur" 22 Millionen Euro Ablöse geboten. Andere Quellen aus Italien berichten von rund 15 Millionen Euro plus Bonuszahlungen. Schalke will mindestens 30 Millionen Euro für den Weltmeister erzielen. "Für uns ist das Thema erledigt und abgehakt. Es gibt auch keine Gespräche und Verhandlungen mehr."

Eine generelle Absage war das keineswegs. Heldt will nicht weiter mit Juventus feilschen, sollte sich aber noch ein finanzstarker Verein aus der englischen Premier League finden oder der VfL Wolfsburg möchte noch etwas Geld verteilen, könnte sich Heldt auch ganz schnell wieder verhandlungsbereit zeigen und Draxler ziehen lassen. Niemand würde es der Offensivkraft wirklich übel nehmen. Viele wünschen ihm sogar einen Wechsel, weil es fast unmöglich scheint, die überhöhten Erwartungen in ihn überhaupt zu erfüllen. Besonders in der vergangenen Saison sah man ihm die Unlust an. Einige Wehwehchen und Ex-Trainer Roberto Di Matteo hinderten ihn daran, sein im Übermaß vorhandenes Potenzial abzurufen. Draxler ist aber auch die Last anzusehen gewesen, die das Umfeld auf ihn abgelegt hat. Es hat ihm geschmeichelt, dass sich andere Klubs für ihn interessieren - und dass es um Millionensummen geht. Er kann in seinem Alter bereits auf 116 Bundesligapartien verweisen und hat sich zur Führungspersönlichkeit entwickelt.

Er trägt ausreichend Schalke-DNA in sich, dass auch ein Verbleib von ihm niemandem ein Glaubwürdigkeitsproblem bescheren würde. Daran ändern auch Gerüchte nichts, Draxler habe sich in der vergangenen Woche schon mit einer opulenten Feier von seinen Arbeitskollegen verabschiedet. Und auch sein Berater wurde derart zitiert, dass man einen schnellen Abschied annehmen musste.

Draxler möchte in der Königsklasse mitspielen - in der kommenden Saison spielt er international allerdings mit Schalke nur in der zweitklassigen Europa League, die wirklich Großen der Branche, und zu denen zählt er sich auch, kicken dagegen in der Champions League.

Schalke selbst ist längst nicht mehr von Draxler abhängig. Er schmückt das Spiel gehörig, es tun sich mittlerweile aber auch durchaus personelle Alternativen auf. In Zugang Franco Di Santo (Werder Bremen) hat der neue Trainer André Breitenreiter mehr Optionen für die gesamte Offensive. Das Spielsystem kann flexibler gestaltet werden und ist nicht nur auf den Niederländer Klaas-Jan Huntelaar im Sturmzentrum ausgerichtet. So war der FC Schalke zu oft zu berechenbar. Eric Maxim Choupo-Moting kann auch etwas tiefer spielen, Max Meyer soll im Mittelfeld die Fäden ziehen, Johannes Geis (FSV Mainz 05) dahinter das Spiel organisieren.

Und vielleicht kommen ja noch weitere Verstärkungen dazu. Nach wie vor ist der Name Xherdan Shaqiri präsent. Schalke soll weiter kräftig an ihm baggern. Nun hat sich wohl auch noch ausgerechnet Borussia Dortmund als Konkurrent dazugesellt. "Vom Interesse aus Dortmund habe ich aus der Zeitung erfahren. Niemand von Borussia hat mich kontaktiert. Momentan ist Schalke die einzige Möglichkeit", sagt dagegen Shaqiri-Berater Arber Sakiri. Eine in der Branche nicht unübliche Art der Öffentlichkeitsarbeit, um frischen Wind in ins stottern geratene Verhandlungen zu bringen.

Draxler wird das alles verfolgen. Bis auf weiteres geht er mit Schalke ein Zweckbündnis ein. Sollte sich nicht noch ein Abnehmer finden, wird er versuchen, mittels intensiver Streicheleinheiten von Breitenreiter zur alten Form zu finden. Dann ist vieles möglich. Sogar, dass Laster mit seinem Konterfei wieder durchs Revier rollen.

(RP)
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