Königsgrauer S04 Schafft Weinzierl Schalke?

Düsseldorf · Schalke hat sich im Sommer einen Neustart verordnet. Mit frischem Personal und neuer Gelassenheit wollten die Gelsenkirchener Nachhaltiges schaffen. Im Februar 2017 stehen Markus Weinzierl und Christian Heidel schon vor einer Bewährungsprobe.

Die Bilanz aller Schalker Bundesliga-Trainer
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Foto: dpa, bt nic

Der Spruch hat Karriere gemacht: Entweder schaffe ich Schalke oder Schalke schafft mich. Geprägt hat ihn — natürlich — Rudi Assauer. 1981 war das, als der große Zampano auf Schalke seine Schicht antrat. Ein gutes Vierteljahrhundert später wabert stetig die Gretchenfrage über dem Verein: wer schafft Schalke überhaupt?

Für Außenstehende ist der Klub aus Gelsenkirchen ein Taubenschlag. Elf Trainer hat Schalke allein in diesem Jahrtausend verschlissen, Interimslösungen nicht eingerechnet. Seit den späten 1990ern ist Konstanz für Schalker jedoch zu allererst eine Stadt am Bodensee. Trotz der wilden Bilanz ist Königsblau das Heuern und Feuern von Trainern sicher nicht eigentümlicher als anderen Bundesligaklubs. Die chronische Unruhe, die dem Verein immer wieder zugeschrieben wird, ist vielmehr Ergebnis als Ursache des ständigen Wandels.

Gleichwohl ist die Schalker Personalpolitik in den letzten Jahren geprägt gewesen von Flickschusterei und dauerhaften Übergangslösungen. Auch wenn die Bilanz immer wieder ordentliche Platzierungen in der Bundesliga auswies, vermochte mit Ausnahme von Ralf Rangnick nicht einer der Übungsleiter von Fred Rutten über Jens Keller bis zu Roberto di Matteo dem Schalker Spiel eine Handschrift zu verleihen, die dauerhaften Erfolg versprach. S04 lechzte nach einer Vision über den Spieltag hinaus.

Die Ruhe ist schon wieder dahin

Wie meistens, wenn es ungemütlich wurde, keilte am Ende der große Hierarch dazwischen. Der heißt heute Clemens Tönnies und schüttelte mal wieder eine große Lösung aus dem Ärmel — Christian Heidel. Der frühere Mainzer Manager steht seit dem Sommer beim FC Schalke an vorderster Front und immer im Fokus. Eine Position, die er ganz bewusst und gerne ausfüllt. Dass Trainer Markus Weinzierl neben ihm ein wenig verblasst, ist ein willkommener Nebeneffekt, schließlich hat sich Heidel für dessen nüchterne Arbeiterqualitäten und gegen einen Showmaster entschieden.

Mit seiner zupackenden Arbeitsweise und schnellen ersten Erfolgen auf dem Transfermarkt hat Heidel seither schnell die Gunst der Anhänger gewonnen. Selbst fünf Niederlagen zum Saisonbeginn konnten das Vertrauen in die neue sportliche Leitung nicht erschüttern. Mit einem Mal musste ganz Fußballdeutschland staunend erkennen: Schalke kann Ruhe.

Doch allein ein genügsames Umfeld, ein zurückhaltender Aufsichtratsvorsitzender und eine Reihe neuer Spieler reichen bislang nicht aus, um Schalke in die Erfolgsspur zu bringen. Im Gegenteil. Im Februar 2017 weist Markus Weinzierl die schlechteste Bilanz eines Schalke-Trainers seit 1993 aus. Gründe dafür gibt es wie immer viele. Die Verletzungsmisere macht den Gelsenkirchernern seit Saisonbeginn zu schaffen, Talente wie Leon Goretzka, Max Meyer oder Johannes Geis vermögen es noch nicht, das Schalker Spiel konstant zu prägen, 21 Tore in 18 Spielen dokumentieren eine anhaltende Sturmflaute.

Und inzwischen sind sie dann doch wieder vernehmbar, die kritischen Stimmen. Die besagen, dass Weinzierl es nicht geschafft hat, einen erkennbaren Spielstil zu etablieren. Dass Heidel trotz großer Transferausgaben mit Nabil Bentaleb nur einen Volltreffer auf dem Transfermarkt landen konnte. Vor allem aber die, die sich an die Zeit vor dem großen Umbruch erinnern. Damals herrschte zwar keine Aufbruchsstimmung, aber immerhin qualifizierte sich Schalke zuverlässig für das internationale Geschäft. Nach der frustrierenden 0:1-Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt scheint Europa für den Moment vollends außer Reichweite. Werder Bremen oder der Hamburger SV dienen vielmehr als Drohkulissen dafür, wie schnell sich Kräfteverhältnisse im Fußball verändern. Während Leipzig, Köln, Berlin und Frankfurt die Fühler nach Europa ausstrecken, droht Schalke ein Heimaturlaub. Dieser Verlust wäre ohne größere Einschnitte zu verkraften, beschwichtigt Heidel. Es wäre gleichwohl das exakte Gegenteil von dem, was sein Engagement im Sommer versprach.

Mitten in die Gelsenkirchener Tristesse hinein muss Schalke nun am Samstag (15.30 Uhr/Live-Ticker) zum FC Bayern. Das Spiel, für das noch jeder einen Grund gefunden hat, warum es genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. Meist mit einem vielleicht versehen. Meist geendet mit einer Niederlage. Doch der schwere Gang nach München ist erst der Auftakt. Im Februar folgen ein Pokalspiel in Sandhausen, eine doppelte Europapokal-Runde gegen PAOK Saloniki und Spiele gegen Hertha, Köln und Hoffenheim. Danach werden Weinzierl und Heidel wohl ahnen, ob sie Schalke schaffen.

(ak)
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