Schalker Defensiv-Taktik Di Matteo muss sich für sein System rechtfertigen

Gelsenkirchen · Roberto Di Matteo ist in der Defensive. Nach der Derby-Blamage verteidigt der Trainer von Schalke 04 vehement seinen umstrittenen Catenaccio - und lässt wohl auch weiter mauern.

Schalke-Trainer Roberto di Matteo.

Schalke-Trainer Roberto di Matteo.

Foto: afp, PST/bb

"Grundsätzlich war es keine Frage des Systems", sagte der Italiener vor dem richtungweisenden Spiel am Samstag (15.30 Uhr/Live-Ticker) gegen 1899 Hoffenheim im Rückblick auf das 0:3 beim Erzrivalen Borussia Dortmund.

Ob er tatsächlich weiter mit Fünfer-Abwehrkette und eher defensiv orientiertem Mittelfeld operieren wird, ließ Di Matteo zwar noch offen. "Ich habe noch nicht entschieden, was die beste Lösung ist", sagte er, "wir trainieren täglich verschiedene Systeme."

Doch dass er aufgrund der langfristigen Ausfälle wichtiger Offensivkräfte wie Julian Draxler und Jefferson Farfan das 5-3-2 für die derzeit praktikabelste Variante hält, ist deutlich herauszuhören. "Ich habe hier auf Platz elf angefangen. Vor drei Wochen waren wir Dritter", sagte Di Matteo, "jetzt wird alles infrage gestellt, man darf nicht alles schlechtreden."

Allerdings: Seit dem 1:0 gegen Borussia Mönchengladbach, das Schalke auf Rang drei führte, hat sein Team in vier Pflichtspielen drei Niederlagen und nur ein Remis verbucht — und in 360 Minuten ein einziges Tor erzielt. Das Derby-Debakel war nur der Tiefpunkt einer schleichenden Entwicklung. Jedoch einer, der die Fans auf die Palme brachte.

Plakate mit den Schlagwörtern "Versager" oder "Schande" hingen am Trainingsplatz, die geballte Wut traf Spieler und Trainer. "Es waren schwierige Tage für uns", gab Di Matteo zu, betonte aber: "Ich habe totales Verständnis dafür. Die Fans haben das Recht, ihre Meinung laut auszusprechen. Das haben wir uns selbst eingebrockt."

Die höchste Derbypleite seit 1998 wird gegen Hoffenheim noch nachwirken, bei einer Niederlage droht der Sturz auf Rang sieben. "Es ist klar, dass wir das Publikum nicht von Anfang an auf unserer Seite haben werden", prophezeite Sportvorstand Horst Heldt und sprach von einer "enormen Drucksituation".

Der muss sich auch Di Matteo stellen, auf den wegen seiner Mauertaktik Kritik von allen Seiten einprasselte. Er würde gerne offensiver spielen lassen, betonte der Italiener mehrmals, doch dazu fehle ihm das Personal. Immerhin kehrt am Samstag Jungnationalspieler Leon Goretzka nach achtmonatiger Zwangspause wegen mehrerer Muskelbündelrisse zurück - eine offensive Variante mehr.

"Er ist wie ein Neuzugang für uns", sagte Di Matteo über den 20-Jährigen, der in dieser Saison noch kein Spiel für die Königsblauen bestritten hat: "Er hat mich im Training beeindruckt.
Aber wir dürfen nicht zu viel erwarten, er hat keine Spielpraxis."

Auch Innenverteidiger Joel Matip meldete sich nach seinem Faserriss im Oberschenkel schon wieder fit. Und da auch Jungstar Max Meyer ins Team drängt, könnte sich Großverdiener Kevin-Prince Boateng auf der Bank wiederfinden. Der vermeintliche Anführer, der am Freitag 28 wurde, scheint ohnehin vor dem Abschied zu stehen. Zwar betonte Heldt, dass es keine Anfragen für ihn und auch keine Signale für einen Wechselwunsch gebe. Doch zufrieden ist mit dem Zehn-Millionen-Einkauf niemand.

(sid)
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