Ehemaliger Schalke-Manager wird 70 Assauer — königsblaue Erinnerung verblasst

Gelsenkirchen · Der ehemalige Manager des FC Schalke 04 leidet an Alzheimer. Am heutigen Mittwoch feiert er seinen 70. Geburtstag.

Das ist Rudi Assauer
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Das Leben von Rudi Assauer

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Er war sicher nicht der letzte Macho der Fußball-Bundesliga. Aber er war ganz bestimmt der bekannteste. Rudi Assauer pflegte das Image des raubeinigen Charmeurs, des Zigarre rauchenden Weiberhelden und eines echten Kerls, der keiner Feier aus dem Weg geht. Fritz Eckenga hat ihm eine Kunstfigur auf der Kabarettbühne gewidmet. Assauer ist Kult. Aber er ist schwer krank. Der ehemalige Manager von Schalke 04 leidet an Alzheimer. Er ist damit in die Offensive gegangen, nicht verstecken, angreifen. So gut es eben geht. Auch in seiner Krankheit bleibt Assauer ein öffentlicher Mensch.

Machos im Sport – eine Chronik
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Äußerlich wirkt er unverändert. Er ist vielleicht etwas grauer geworden. Aber "der Rudi", wie Assauer im Revier nur genannt wird, dieser einst wortgewaltige Typ, ringt mittlerweile um jeden Satz. Es waren seine Sprüche, die ihn ausgemacht haben. Auf alles hatte er eine Antwort parat. Mal herb, mal derb, mal butterweich. Das alles ist verloren gegangen. Geraubt von einem unsichtbaren Feind. "Die Platte ist leer", hat er einmal gesagt und meinte damit sein Gedächtnis, das ihn im Stich lässt. Immer öfter steht er einfach nur da und blickt ins Leere. Sein Leben ist verblasst.

Andere übernehmen für ihn den Blick zurück. Heute feiert Assauer seinen 70. Geburtstag. Zur Party kommen, wie der Sportinformationsdienst (SID) berichtet, ehemalige Spieler wie Marc Wilmots und Ebbe Sand, langjährige Managerkollegen wie Reiner Calmund und Heribert Bruchhagen, auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Sie alle werden Rudi Assauer von Rudi Assauer erzählen. Von dem Macher, dem Malocher, dem Schlitzohr, dem Strippenzieher, dem Proll, dem Charmeur. Assauer hat als Manager auf Schalke viel erreicht und auch so viel verloren. Da gibt es den sensationellen Uefa-Cup-Triumph 1997. Die "Meisterschaft der Herzen" 2001, als Schalke für wenige Augenblicke sich als Titelträger wähnte, bis sich der FC Bayern München im letzten Moment doch noch die Schale schnappte. Der DFB-Pokalsieg 2002 gegen Bayer Leverkusen, als er im Überschwang des Jubels den Pott fallen lies und das kostbare Teil arg demolierte. Die Eröffnung der Schalker Arena 2001, mit der er den Verein in neue Sphären katapultieren wollte.

Schalke feiert Rudi Assauer
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Foto: dpa, Friso Gentsch

Schalke ist die Liebe seines Lebens. Doch mit der Liebe und Assauer ist das so eine Sache. Bis Mai 2006 war er der starke Mann, dann haben ihn andere Alphamännchen zum Rücktritt gezwungen - nach insgesamt 18 Jahren in verantwortlicher Position. Auch andere Beziehungen sind wenig glücklich zu Ende gegangen. Zwischen Schauspielerin Simone Thomalla und ihm kriselte es immer mal wieder. Tiefpunkt der Liaison war eine Rauferei während eines Urlaubs auf Sylt. Im öffentlich vorgeführten Desaster endete 2011 die Kurzzeitehe mit Britta. Am Ende der Lebensgemeinschaft räumte sie ihm das halbe Haus leer und eine Nation schaute dabei zu - Scheidungsverfahren und Räumungsklage inklusive.

Seitdem lebt er mit seiner Tochter Bettina Michel in Herten. Die beiden haben lange gebraucht, um zu einander zu finden. Nun, wo der Vater Halt braucht, ist sie wieder da. Es gehe ihm besser als vor zwei Jahren, sagte Michel bei einem Besuch der "WAZ" vor ein paar Tagen. Man habe, berichtete sie, die Medikamente reduziert, das bekomme ihm gut. "Er erkennt die Leute noch", bekundete sie, "visuell hat er jeden auf dem Schirm." Auch auf der Tribüne habe er seinen Kennerblick nicht verloren, "da ist noch ganz viel".

Rudi Assauer spricht im TV
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Rudi Assauer spricht im TV

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Assauer ist längst Schalker Kulturgut. Bereits 2012 haben die Mitglieder ihn in ihre Ehrenkabine gewählt. Am Sonntag bei der Jahreshauptversammlung soll das Vorhaben endlich auch umgesetzt werden. Kurz vor dem Geburtstag von Assauer war durchgesickert, dass eine offizielle Abordnung des Vereins nicht zur Feier erscheinen wolle. Verletzte Eitelkeiten, schlechte Kommunikation - alles drohte mal wieder zu einer formidablen Schlammschlacht zu werden. Glücklicherweise haben besonnene Kräfte bei Schalke eingelenkt und so das Schlimmste verhindert. Also wird nun heute Ehrenpräsident Gerd Rehberg die besten Wünsche übermitteln und den an der Niere operierten Aufsichtsratschef Clemens Tönnies vertreten.

Für Assauer selbst wird das keine große Rolle mehr spielen. In seiner Biografie wird deutlich, dass vieles von dem harten Kerl Assauer nur vorgeschoben ist. Am Ende bleibt viel Unsicherheit und Angst vor der Zukunft. "Ich bin doch noch jung, keine 70. Ich war doch immer fit, topfit, ein Fußballer eben. Und jetzt Alzheimer. Warum ich? Assauer, frage ich mich, warum du?"

Eine Antwort darauf wird er nicht bekommen.

(RP)
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