Fifa-Beben Münchner Richter besiegelte Blatters Schicksal

München · Ein Deutscher hat voraussichtlich die schillerndste Funktionärs-Laufbahn der modernen Sportgeschichte beendet: Der Münchner Strafrichter Hans-Joachim Eckert stellte als Vorsitzender der rechtsprechenden Kammer der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes Fifa durch die Suspendierung von Joseph S.Blatter den umstrittenen Fifa-Boss wohl endgültig vom Platz.

 Eckert arbeitet seit 30 Jahren als Richter.

Eckert arbeitet seit 30 Jahren als Richter.

Foto: dpa, wb hm jai

Eckert, der 2011 auf Vorschlag des damaligen Fifa-Reformers Mark Pieth (Schweiz) in das Aufpasser-Gremium gewählt worden ist, kennt sich von Berufs wegen mit heiklen Angelegenheiten aus. Als Vorsitzender Richter am Strafgericht München I fallen seit 2003 knifflige Fälle aus den Bereichen Korruption, Steuerbetrug und Wirtschaftsstrafsachen in seine Zuständigkeit.

Seit insgesamt über 30 Jahren arbeitet Eckert im Justizdienst. Der Jurist begann seine Karriere 1978 als Erster Richter am Landgericht München I. Bis 1991 folgten Aufgaben beim Strafgericht, als Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft München II und als Zivilrichter am Landgericht München I. Danach erwarb sich Eckert einen Ruf als Experte für dunkle Machenschaften. Als Staatsanwalt war er zunächst verantwortlich für Steuer- und Wirtschaftsstrafsachen sowie Delikte im Bereich der organisierten Kriminalität.

Kritik für Entscheidungen pro Blatter

Von 1998 bis zu seiner Berufung ans Strafgericht intensivierte und beaufsichtigte Eckert die Jagd auf kriminelle Vorgänge in mafiösen Strukturen inklusive Delikte aus den Bereichen Internet- und Computerkriminalität und Geldwäsche. Seine Tätigkeit bei der Fifa stand in der öffentlichen Wahrnehmung kaum unter einem guten Stern - besonders wegen Entscheidungen im Zweifelsfall pro Blatter. In der ISL/ISMM-Affäre um Millionen-Schmiergelder des früheren Fifa-Vermarktungspartners stufte Eckert sowohl die Kenntnis als auch die Verschleierungsversuche Blatters zur weltweiten Empörung lediglich als "ungeschickt" ein und ließ den Verbandsboss ungeschoren davonkommen.

Im Vorjahr sorgte sein Urteil zum vorgelegten und bis heute unveröffentlicht gebliebenen Garcia-Report über Manipulationen bei der Vergabe der WM-Endrunden 2018 an Russland und 2022 an Katar ebenfalls für ein verheerendes Echo: Eckert sah trotz längst öffentlich bekannter Hinweise auf korrupte Vorgänge keinen Anlass für Sanktionen. Das Ansehen des Richters erhielt zusätzliche Kratzer, nachdem Fifa-Ermittler Michael J. Garcia ebenfalls aus Verärgerung über eine seiner Entscheidungen zurücktrat und sogar Einspruch gegen Eckerts Schlussfolgerungen erhob.

Dabei hatte Eckert kurz nach Aufnahme seiner Aufgaben bei der Fifa alles andere als ein "Blatter-Freund" geklungen. In einem Interview von 2012 jedenfalls gab Eckert den "Richter Gnadenlos" und wollte notfalls auch nicht vor Blatter haltmachen: "Entweder er räumt auf, oder er ist weg." Am Donnerstag hat Eckert seinen Worten auch Taten folgen lassen.

(sid)
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