Machtkampf zwischen Blatter und Platini Fifa-Reformen werden zur Farce

Düsseldorf · Die Fifa-Reformen werden endgültig zur Farce. Die Fußball-Funktionäre können sich nicht auf Vorschläge für Alterslimit und Beschränkungen der Amtszeiten einigen. Deshalb werden die Kernpunkte mal eben bis 2014 verschoben. Das Ringen um Macht lähmt den Weltverband.

Fifa-Reformen: Was war angedacht, was wird kommen?
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Foto: dpa, rw_hak jai nic

Ihren moralischen Offenbarungseid versteckte die Fifa in einer Pressemitteilung auf fünf knappen Zeilen — zwischen den Beschlüssen zur Task Force gegen Rassismus und zum Gastgeber der Beach-Soccer-WM 2015. In seiner letzten Sitzung vor dem Kongress am Donnerstag und Freitag auf der Sonneninsel Mauritius konnte sich das Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes nicht auf einen Antrag für eine Amtszeitbeschränkung und ein Alterslimit seiner mächtigen Entscheidungsträger einigen - und verschob ein Kernstück der Reformen einfach auf das Jahr 2014. Der mit viel Skepsis und Kritik begleitete Wandel zu mehr Transparenz im skandalumwitterten Funktionärsensemble wird damit endgültig zur Farce.

Blatter und Zwanziger die Verlierer

Die großen Verlierer sind schon vor der Kongress-Eröffnungsrede Fifa-Chef Joseph Blatter und Theo Zwanziger. An ihnen wird das Scheitern festgemacht werden, obwohl der Widerstand aus anderen Richtungen kam. Mit Verve hatte der ehemalige DFB-Präsident Zwanziger für das von ihm im Auftrag Blatters entworfene Demokratiepaket gekämpft — was bleibt, ist aber nur eine Rumpf-Reform. Bis zum Abschluss des Kongresses will sich Zwanziger nicht öffentlich äußern. "Man darf nicht zu streng sein. Man wird sehen, was übrigbleibt", hatte Zwanziger noch in der Vorwoche gesagt. Und: "Natürlich wäre ich enttäuscht, wenn es für die Amtszeitbeschränkung keine Regelung gibt", sagte er am Rande des Uefa-Kongresses in London der dpa.

Beschließen wird der Fifa-Kongress am Freitag nun unter anderem nur eine Neuordnung der WM-Vergabe und die Einführung eines Integritätschecks für seine Würdenträger, der allerdings von maßgeblichen Anti-Korruptionsexperten als unzureichend kritisiert wird. Die Sportbeauftragte von Transparency International konnten die neuesten Entwicklungen nicht mehr schocken. "Da liegt noch so viel anderes im Argen, da wundert es mich nicht, dass sie das auch nicht hinbekommen", sagte Sylvia Schenk der Nachrichtenagentur dpa.

Eine Altersgrenze sei sowieso "nicht das Entscheidende", betonte Schenk, weshalb die Verschiebung "nicht mehr so viel" ändere. "Andere, wichtige Dinge sind auch noch offen." So stünde beispielsweise eine Offenlegung der Zahlungen an Mitglieder des Exekutivkomitees beim Kongress in Mauritius gar nicht auf der Agenda. Unter anderem deshalb sei von dem Treffen von vorneherein "nicht so viel zu erwarten".

Zwanziger hatte große Hoffnungen gehegt, den letzten Schritt der Bemühungen um das sogenannte Good Governance abzuschließen. Doch im Geflecht von Machtinteressen und Machtsicherung blieben viele Ideen hängen. Nach dpa-Informationen drohte die Lage am Dienstagabend in Port Louis gar zu eskalieren. Im Fifa-Exekutivkomitee stritten die sieben Vertreter aus Europa mit den Funktionären aus dem Rest der Welt. Wenigstens ein Vorschlag solle dem Kongress vorgelegt werden, forderten die Uefa-Gesandten inklusive Zwanziger, um über diesen demokratisch von den 209 Fifa-Mitgliedern abstimmen zu lassen. Die Mehrheit der Exekutive war letztlich dagegen.

Am Mittwochmorgen war die Fifa schnell bemüht, die Wogen zu glätten. In einem Pressegespräch präsentierte der Vorsitzende des Audit- und Compliance-Komitees, Domenico Scala, einen Faktenpapier mit den schon umgesetzten Reformschritten - grafisch hübsch aufbereitet mit einem zu mehr als Dreivierteln vollem Wasserglas. Tatsächlich hat die Fifa sich bewegt. Die Ethikkommission wurde mit zwei formal unabhängigen Kammern überarbeitet. Mehrere prominente Führungsmitglieder wie die Blatter-Kontrahenten Jack Warner und Mohammed Bin Hammam mussten wegen Verfehlungen ihre Ämter räumen.
Aber der öffentlichkeitswirksame Schritt mit einer Beschränkung der Amtszeit und einem Alterslimit bleibt vorerst aus.

Kritiker vermuten dahinter Taktik. Wenige Tage vor der WM 2014 wird ein Kongress kontroverse Themen kaum detailliert behandeln. Diese Termine ähneln eher einem Show-Act. Nicht umsonst wurde die bis 1998 in Turnierjahren abgehaltene Präsidentenwahl auf die jeweils folgende Tagung verschoben. Verhindern durch verschieben, lautet nun der Vorwurf. Hintergrund der Fifa-Malaise sind aber vor allem machttechnische Erwägungen. Über allem schweben schon jetzt die Zeichen eines bevorstehenden Gigantenkampfes um den Fifa-Thron, obwohl keiner der Alphatiere seine Kandidatur offiziell gemacht hat.

Uefa-Chef Michel Platini will Joseph Blatter im Jahr 2015 herausfordern. Mit 53 Europa-Stimmen im Gepäck kann der Kontinentalverband alle Reformen blockieren und entsprechend seine Vorstellungen für das künftige Vorgehen formulieren. Blatter (77) ist gegen ein Alterslimit von 72 Jahren. Platini (56) ist dafür. Blatter ist für eine Amtszeitbeschränkung auf 2 x 4 Jahre, Platini will 8 + 4 Jahre. Manche Rechenspiele allein enttarnen schon die Motivation der Protagonisten.

(dpa/seeg)
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