Transfer-Wahnsinn Financial Fair Play - eine Chance für die Reichen

Düsseldorf · Die Uefa schreibt den Vereinen seit 2015 einen ausgeglichenen Haushalt vor. Wie passt das zum Verhalten von Paris St. Germain und AC Mailand auf dem Transfermarkt?

Neymar – Copa-Libertadores- und Champions-League-Sieger
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Das ist Neymar

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Foto: rtr, ao

Vielleicht bleibt Neymar (25) jetzt doch ein Spieler des FC Barcelona. Vielleicht haben seine Kollegen bei der US-Tournee des Klubs ausreichend auf die Taste der guten zwischenmenschlichen Beziehungen gedrückt. Und vielleicht hat sich beim brasilianischen Superstar die Überzeugung durchgesetzt, dass selbst ein Netto-Gehalt von 30 Millionen Euro die Schönheiten des Zusammenspiels mit Lionel Messi und Luis Suarez nicht aufzuwiegen vermag. Wer weiß.

Wesentlich interessanter als Neymars Wankelmut ist ohnehin das nahezu unmoralische Angebot, das ihm Paris St. Germain unterbreitet hat. Der Klub ist bereit, die Märchensumme zu zahlen, die der FC Barcelona seiner Offensivkraft als Ausstiegsmöglichkeit in den Vertrag geschrieben hat. 222 Millionen Euro rufen die Katalanen auf. Als sie sich diese Summe ausdachten, waren sie bestimmt fest davon überzeugt, dass nicht mal der wahnsinnigste Zocker auf diesem bereits wahnsinnigen Transfermarkt so viel Geld für einen Fußballer ausgeben würde. Und sie fanden zusätzlichen Trost in der Tatsache, dass der europäische Fußballverband Uefa das sogenannte Financial Fair Play erfunden hat.

Es stammt noch aus der unseligen Regentschaft des inzwischen gesperrten Präsidenten Michel Platini, was schon zur Skepsis aufrufen sollte. Der Grundgedanke aber klingt überaus vernünftig. Weil sich Klubs im Wettlauf um immer weiter steigende Spielergehälter und Ablösesummen hoffnungslos zu verschulden begannen, entschied die Uefa: Ab 2015 müssen "die relevanten Einnahmen der zurückliegenden drei Jahre die relevanten Ausgaben decken". Sollten die Ausgaben höher liegen, darf die Differenz durch private Geldgeber oder Investoren nur bis zu einer Höhe von 45 Millionen Euro ausgeglichen werden. Der schöne Nebeneffekt: Gerechtigkeit für all jene, die nach dem alten Kaufmannsprinzip handeln, nicht mehr auszugeben als eingenommen wurde.

Dafür ließ sich die Uefa feiern. Doch bereits die Tatsache, dass sie die Einführung des Financial Fair Play um zwei Jahre verschob, öffnete den Tricksern auf dem Markt die erste Hintertür. Man darf davon ausgehen, dass die Geschäftsleute hinter dem Projekt Paris St. Germain in dieser Hinsicht zu den besonders cleveren Jungs gehören. 2012 - zwei Jahre, nachdem die Uefa ihre Pläne veröffentlicht hatte, schlossen die Besitzer des Klubs einen Sponsorenvertrag, der ihnen bis zum vergangenen Jahr zusätzliche Einnahmen von 600 Millionen Euro bescheren sollte. Bemerkenswert an diesem Vorgang ist zweierlei. Der Klub ist im Besitz der Qatar Sports Investments (QSI), und der neue Sponsor ist QTA, Katars Tourismusbehörde. Was für ein Zufall.

Offenbar ist es das aber ganz legal, auch wenn es verdächtig danach aussieht, als schaufle da ein Scheich aus dem Emirat das Geld von der rechten in die linke Tasche. Das scheint bei der Uefa ebenso wenig die sonst so aufmerksamen Sittenwächter auf den Plan zu rufen wie die Transferoffensive, mit der die neuen Besitzer des AC Mailand die Fußballwelt verwöhnen. Rund 200 Millionen Euro hat die chinesische Gruppe Sino-Europe Sports Investment Management Changxing für Transfers in den Markt gepumpt. Dem stehen knapp 24 Millionen Euro gegenüber, die durch Spielerverkäufe erlöst wurden. Das kann den Vätern des Financial Fair Play nur dann gefallen, wenn es ihnen von Anfang an darum ging, ein Feigenblatt zu schaffen, hinter dem die Reichen weiter tun können, was sie wollen. 2016 hat die Uefa Paris St. Germain offiziell verwarnt. Der Klub stehe "unter strenger Überwachung". In diesem Sommer hat man von der Uefa noch nichts gehört.

(pet)
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