Fortuna Düsseldorf Die Suche nach dem Kapitän

Langeoog · Die Spielertypen im Fußball haben sich gewandelt, die Aufgaben des Spielführers sind dieselben geblieben. "Er muss Erfahrung mitbringen und die Interessen der Spieler vertreten", erklärt Fortuna Düsseldorfs Trainer Frank Kramer.

Andreas Lambertz hatte jahrelang das begehrte Amt erfolgreich übernommen.

Andreas Lambertz hatte jahrelang das begehrte Amt erfolgreich übernommen.

Foto: dpa, Jonas Güttler

Fritz Walter war ein Kapitän wie aus dem Bilderbuch. Ein Mannschaftsführer, unter dessen Regie die Elf 1954 Weltmeister wurde, der verlängerte Arm des Trainers, ein Vorbild sowohl sportlich als auch menschlich. Daher wurde er auch Deutschlands erster Ehrenspielführer. Franz Beckenbauer war eleganter, geschmeidiger, dafür aber nicht so geradlinig. Günter Netzer nahm das Heft schon mal selbstbewusst in die Hand und wechselte sich ein, auch ohne Rücksprache mit seinem damaligen Trainer Hennes Weisweiler. Lothar Matthäus und Stefan Effenberg waren Typen, die Eindruck hinterlassen haben, positiv wie negativ.

Gibt es diese Typen heute noch? Oder ist diese Spezies nicht mehr gefragt oder gar ausgestorben? Sind heute Wortführer mit Ecken und Kanten, die auch mal widersprechen, überhaupt noch in? Oder sind alle gleich, und es muss alles glatt laufen? Welche Rolle spielt heute der Kapitän, welche Aufgaben hat er, welche Voraussetzungen muss er mitbringen?

Azzouzi bricht Lanze für neue Generation

Rachid Azzouzi, der neue Manager von Fortuna Düsseldorf, bricht eine Lanze für die heutige Generation. "Was haben wir vor einem Jahr vor der Weltmeisterschaft nicht alles gehört", erinnert er. "Da hieß es, der deutschen Mannschaft fehlen Typen, es gebe eine flache Hierarchie. Und diese Mannschaft ist dann Weltmeister geworden, weil sie ein guter Haufen war. Da war jeder ein Typ — Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger oder auch Thomas Müller. Die sind Weltmeister geworden, Stefan Effenberg nicht." Azzouzi glaubt, dass es heute wie damals Typen gibt. "Aber das Bild hat sich gewandelt — im Fußball wie in der Gesellschaft. Es ist eine andere Generation, aber die Aufgaben sind geblieben."

Sascha Rösler hat 368 mal in der ersten und zweiten Liga gespielt, war aber selbst nie Kapitän. Der 37-Jährige, der nach seinem Praktikum im Oktober Teammanager der Fortuna wird, weist darauf hin, dass sich der Kapitän bei den Mitspielern Gehör verschaffen muss. Einen deutlichen Unterschied sieht er jedoch zu früheren Zeiten: "Damals wurden nur erfahrene Spieler Kapitän, die waren meist über 30. Heute sind die Spieler oft viel jünger, daher ist es manchmal auch schwieriger, einen Kapitän zu finden."

Auf der Suche befindet sich derzeit auch Frank Kramer. "Manchmal weiß man schon nach zwei Wochen, wer es wird, manchmal erst später", sagt der neue Trainer der Fortuna, der den Kapitän bestimmen wird und nicht etwa von der Mannschaft wählen lässt. Davon hält er überhaupt nichts. "Es gibt bei der zu treffenden Entscheidung viele Kriterien, die zu berücksichtigen sind, die die Spieler nicht einschätzen können."

"Der Kapitän war immer auch Steuermann"

Für Kramer ist der Kapitän ein wichtiges Bindeglied zwischen Trainer und Mannschaft. "Er muss Erfahrung mitbringen und die Interessen der Spieler vertreten", erklärt er. "Er muss Leistung bringen, als Typ anerkannt sein und vorneweg marschieren. Er muss verantwortungsbewusst sein und mit anpacken." Die Aufgaben haben sich im Laufe der Jahrzehnte nicht gewandelt: "Der Kapitän war immer auch der Steuermann."

Gesucht wird also ein leistungsstarker, erfahrener, kommunikativer Spieler mit Führungsqualitäten. Wird Kramer den in den Reihen der Fortuna überhaupt finden? Oder gibt es gleich mehrere Kandidaten? Während der Saison wird sich dann zeigen, ob die getroffene Wahl richtig war, wobei dies in engem Zusammenhang mit den sportlichen Ergebnissen steht: je stärker die Mannschaft, desto stärker der Kapitän. Da würde Fritz Walter sicher nicht widersprechen.

(RP)
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