Analyse zu Fortuna Düsseldorf Eigendynamik einer Hauptversammlung

Düsseldorf · Die Mitglieder des Zweitligisten Fortuna Düsseldorf wählten die alte Führung mit Burchard von Arnim und Günter Karen-Jungen ab. Vielen fehlte trotz des Erfolges die Transparenz im Kontrollgremium. Eine Analyse.

Mitgliederversammlung 2014 bei der Fortuna
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Mitgliederversammlung 2014 bei der Fortuna

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Das Erdbeben war gewaltig, wenn auch auf keiner Richter-Skala messbar. Nach einer mehr als fünfstündigen Versammlung schickten die 914 stimmberechtigten Fortuna-Mitglieder die bisherige Doppelspitze des Aufsichtsrates in den sportlichen Ruhestand. Der Gremiums-Vorsitzende Burchard von Arnim und sein Stellvertreter Günter Karen-Jungen, Grünen-Bürgermeister in der Landeshauptstadt, erhielten zu wenige Stimmen, landeten in der Rangfolge der zehn Kandidaten nicht auf den ersten fünf Plätzen.

Die Gründe dafür sind vielschichtig und nicht so eindimensional, wie es einige der Wahlverlierer - zu denen auch der ebenfalls abgewählte Aufsichtsrat Gerd Röpke zählte - hinterher darstellen wollten. Da gaben einige den Medien die Schuld, die angeblich in Teilen eine einseitige Vorberichterstattung betrieben hätten. Doch so einfach ist die Sachlage natürlich nicht. Fortuna hat als Verein insgesamt und auch im Aufsichtsrat speziell in den vergangenen Jahren ausgezeichnete Arbeit geleistet - nur fehlte vielen Mitgliedern zunehmend die Transparenz in dem Kontrollgremium.

Immer wieder gab es Gerüchte, um eine geplante Ausgliederung der Profiabteilung etwa oder um geschäftliche Verbindungen einiger Aufsichtsratsmitglieder, durch die viele Mitglieder Interessen-Kollisionen befürchteten. Ersteren traten von Arnim und seine bisherigen Rats-Mitstreiter auf der Versammlung entschlossen entgegen, Letztere blieben nur unterschwellig ein Thema, unbewiesen und hinter vorgehaltener Hand gemunkelt - und deshalb doppelt gefährlich.

Allein diese Gerüchte hätten indes auch nicht genügt, die Fortunen zu einem derart radikalen Umdenken zu bringen. Versammlungen wie die in der Nacht zum Freitag entwickeln eine Eigendynamik, und dieser fielen von Arnim, Karen-Jungen und Röpke zum Opfer. Zumindest beim Vorsitzenden hätte fast niemand, der sich am frühen Abend zur Sitzung im ISS Dome aufgemacht hatte, mit einem Sturz gerechnet. Doch dem renommierten Wirtschaftsprüfer mit seinen großen Verdiensten um die wirtschaftliche Gesundung des Klubs gelang es in seiner dreiminütigen Redezeit nicht, die Mitglieder zu fesseln.

Überhaupt diese drei Minuten: Die meisten Vertreter des bisherigen Gremiums schienen ihre Bedeutung unterschätzt zu haben. Mit Ausnahme des ehemaligen Henkel-Chefs Albrecht Woeste blieben sie alle blass. Von Arnim hatte den Nachteil, das Los als erster Redner zu ziehen, erweckte zudem den Eindruck, sich aufgrund der unbestrittenen Erfolge unter seiner Ägide seiner Sache zu sicher zu sein. Ein ebenso großer Fehler wie der, den neuen Kandidaten Björn Borgerding - wenn auch ohne Namensnennung - persönlich zu attackieren: "Um in den Aufsichtsrat zu kommen, reichen ein BWL-Studium und der Besuch von hundert Fortuna-Spielen nicht aus."

Natürlich tun sie das nicht. Aber dass Borgerding weit mehr anzubieten hatte, hatte von Arnim ebenso unterschätzt wie Woeste — der mit seiner nachdrücklichen Bitte, den alten Rat doch komplett wiederzuwählen, bei vielen Argwohn schürte. Borgerding spielte sein gutes Blatt, dass er sich durch seine Initiative für das Toni-Turek-Denkmal erarbeitet hatte, geschickt aus, riss die Mitglieder mit seiner (sicherlich an mancher Stelle auch populistischen) Rede mit und hatte obendrein eine beachtliche Hausmacht junger Fans mitgebracht.

Auch der Rechtsanwalt Ignacio Ordejon Zuckermaier, Mitglied von Fortunas Satzungskommission, nutzte seine drei Redeminuten, um die Zuhörer positiv neugierig zu machen. Und da der frühere Ratsvorsitzende Reinhold Ernst wie erwartet das Comeback schaffte, war die Überraschung perfekt. Ob es ein fruchtbarer Abend für Fortuna war, wird erst die Zukunft zeigen. Schon jetzt jedoch ist klar, dass die Abgewählten den Grund für den Wechsel bei sich selbst suchen müssen — und nicht in einer Dolchstoßlegende.

(jol)
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