Fortuna Düsseldorf Fünf Minuten gefühlt abgestiegen

Düsseldorf · Fortuna Düsseldorf geriet im Zweitliga-Kellerduell mit Würzburg in der 85. Minute in Rückstand und glich in der 90. zum 1:1 aus. Die Funkel-Elf agierte vor Angst wie gelähmt und hätte sich von einer Niederlage wohl nicht mehr erholt.

Fortuna Düsseldorf: Fortuna-Profis in "Alles aus Liebe"-Shirts
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Foto: Falk Janning

Die Zuschauer fühlen sich wie in alten Gameboy-Zeiten, als Super Mario in letzter Sekunde irgendwie einen seltsamen Pilz schnappt, sich damit ein zusätzliches Leben sichert und der gefürchtete Schriftzug "Game over" dann doch nicht im Display erscheint. Nur, dass Super Mario im realen Leben Julian Schauerte heißt, für Fortuna Düsseldorf spielt und der seltsame Pilz sein Freistoß ist, der in der 90. Minute zum 1:1 gegen die Würzburger Kickers ins Netz flattert.

Fünf Minuten zuvor hatte Lukas Fröde die Gäste mit einem Sonntagsschuss in Führung gebracht. Fünf Minuten, in denen Fortuna so gut wie abgestiegen war. Auf den Relegationsplatz 16 wäre sie mit einem 0:1 abgestürzt, den Siebzehnten Arminia Bielefeld nach dessen 1:1 in Bochum dicht im Nacken. Eine dramatische Situation, aus der sich die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel wohl nicht mehr herausgekämpft hätte. Zu nervös, zu ängstlich, zu wacklig hatten sich die Düsseldorfer im Kellerduell der 2. Bundesliga präsentiert.

"Ich bin ein Stück weit enttäuscht von meiner Mannschaft", gab Funkel dann auch ehrlich zu. "Wir waren gedanklich nicht schnell genug, als dass wir die Würzburger hätten in Bedrängnis bringen können. Die Mannschaft ist mit der Situation nicht zurechtgekommen." Auch die Spieler gingen schonungslos mit sich um. "Das war Scheiße heute, das wissen wir alle", fasste Vizekapitän Adam Bodzek griffig zusammen. "Es fiel uns schwer, Chancen herauszuspielen. Vielleicht haben wir zu viel nachgedacht."

Bestimmt sogar. Fortuna erstarrte vor der Aufgabe, mit einem Sieg vielleicht vorentscheidende Punkte einzufahren. Statt diese Chance entschlossen zu suchen, wuchs von Minute zu Minute die Angst vor dem Gegentreffer, vor der Niederlage, vor dem Sturz in Liga drei.

Fans pfeifen nur zur Halbzeit und am Ende

Fortuna Düsseldorf: Fans unterstützen Fortuna mit Choreo
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Foto: Falk Janning

Heraus kam ein Spiel, das mit "unansehnlich" noch vorsichtig beschrieben ist. Umso bemerkenswerter, dass die 27.192 Zuschauer lediglich zur Pause und nach Spielende pfiffen, ihr Team ansonsten aber unverdrossen anfeuerten. "Unsere Fans sind einfach unglaublich", lobte Linksverteidiger Lukas Schmitz. "Man muss schon eine Menge Geduld mitbringen, wenn man sich so ein Spiel bis zum Ende ansehen will - oder besser: muss."

Hätte nicht Kickers-Torhüter Jörg Siebenhandl in der Schlussminute so fatal danebengegriffen, übrigens trotz aller Würzburger Proteste nicht gefoult von Alexander Madlung, es wäre ein ganz bitteres Ende geworden. Zudem eines, nach dem niemand im Düsseldorfer Lager ernsthaft die berühmten "Wäre dochs" des Fußballs hätte bemühen dürfen: Wäre doch bloß dieser Ball reingegangen, wäre doch dieser eine Fehler nicht passiert. Fortuna war am Samstag schlichtweg zu schlecht für diese "Wäre dochs", es gab sie einfach nicht. Die Mannschaft agierte, als hätte man jeden einzelnen in Ketten gelegt.

Einen Anteil daran muss sich Funkel anschreiben lassen. Der Trainer, der mit seiner Souveränität und seinem unerschütterlichen Vertrauen in die Mannschaft ansonsten ein ruhender Pol ist, setzte ein merkwürdiges Signal mit der Maßnahme, keinen echten Mittelstürmer aufzubieten. "Ich hatte doch drei Spitzen auf dem Feld", hielt Funkel dagegen, "Ihlas Bebou, Özkan Yildirim und Oliver Fink." Allerdings sind Yildirim und Fink gelernte Mittelfeldspieler und in vorderster Linie zu ungefährlich, und Rechtsaußen Bebou hatte einen miserablen Tag erwischt. Für Letzteres kann zwar der Trainer nichts - doch als Betrachter wurde man das Gefühl nicht los, Fortunas Profis hätten die Aufstellung als Aufforderung verstanden, nichts zu riskieren, bloß nicht zu verlieren.

Dass sie tatsächlich nicht verloren, war das einzig Positive an einem verstörenden Fußballnachmittag. Wer nach einer solch schwachen Darbietung einen so glücklichen Treffer erzielt, der sollte das als Hallo-Wach-Effekt nutzen. Als seltsamen Pilz, der ein neues Leben im Abstiegskampf bringt. "So ein Eiertor in letzter Minute ist vielleicht der Wendepunkt", sagte Schmitz, doch Kollege Bodzek trat auf die Bremse. "Verlassen", so der Routinier, "dürfen wir uns darauf nicht."

(jol)
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