Fortuna Düsseldorf Wiesner oder ein alter Hase?

Düsseldorf · Seit vielen Jahren geht Fortuna Düsseldorf mit zwei etwa gleich starken Torhütern in die Saison. Im Sommer wird sich das ändern: Lars Unnerstall verlässt den Klub – und in Tim Wiesner steht ein Eigengewächs in den Startlöchern. Oder wählt Rot-Weiß die Sicherheitsvariante?

 Fortuna-Torwart Tim Wiesner mit Physiotherapeut Marcel Verstappen.

Fortuna-Torwart Tim Wiesner mit Physiotherapeut Marcel Verstappen.

Foto: Falk Janning

Seit vielen Jahren geht Fortuna Düsseldorf mit zwei etwa gleich starken Torhütern in die Saison. Im Sommer wird sich das ändern: Lars Unnerstall verlässt den Klub — und in Tim Wiesner steht ein Eigengewächs in den Startlöchern. Oder wählt Rot-Weiß die Sicherheitsvariante?

Wer sich als Torwart eine ruhige Minute gönnt, der ist seinen Job im Handumdrehen los, zu viele hochmotivierte Rivalen warten auf ihre Chance. Es ist nicht leicht, die Nummer eins zu sein. Das weiß Michael Rensing, der Woche für Woche engagiert seinen Platz zwischen den Pfosten verteidigt. Und da er selten Fehler macht — und seinen Rivalen nicht mal im Pokal ranlässt — ist es bei Fortuna auch nicht leicht, die Nummer zwei zu sein.

Unnerstall macht den Job in der zweiten Reihe richtig gut, keine Frage. Er macht ihn engagiert und mit einem Lächeln auf den Lippen. Selbstverständlich ist das nicht. In den entscheidenden Momenten auf der Bank zu sitzen, das ist das eine. Jedoch ständig auf der Bank zu hocken, das hält ein Vollblut-Fußballer wie Unnerstall nicht dauerhaft aus.

Das Dilemma mit zwei starken Torhütern

Darum nutzt der 26-Jährige jede Chance auf Spielpraxis, die sich bietet: Neunmal stand der Blondschopf in der aktuellen Saison für die Regionalliga-Reserve auf dem Platz — weil das Spiel einfach Spaß macht. Und natürlich, um auf sich aufmerksam zu machen. Denn im Sommer ist in Düsseldorf Schluss, so viel ist sicher. Unnerstalls Vertrag läuft aus. Auch der Klub will ihn nicht halten. Es ist Zeit für ein neues Torhüter-Modell.

Seit 2007 gab es bei Fortuna immer zwei Keeper, die sich auf Augenhöhe begegneten; zwei Schlussmänner, die wohl bei vielen Ligakonkurrenten mehr als nur Ersatz gewesen wären. Erst hieß das Duell Michael Melka gegen Michael Ratajczak, dann Ratajczak gegen Robert Almer, Almer gegen Fabian Giefer und schließlich Giefer gegen Rensing.

Einmal krachte es, im Sommer 2013 war das: Rensing verließ wutentbrannt eine Besprechung, weil Trainer Mike Büskens Giefer den Vorzug gab. Der Schlussmann wurde suspendiert. Fortuna soll sogar den Spielermarkt sondiert haben, auf der Suche nach einem Ersatz. Bekanntlich hatte die Geschichte ein Happy End, sie macht aber deutlich, wie groß die Anspannung bei den Profis ist. Noch ein Beispiel: Aufgrund der großen Konkurrenz untereinander waren sich Melka und Ratajczak so spinnefeind, dass sie sich vor dem Training nicht einmal die Tageszeit ansagten.

Kann Wiesner irgendwann der Rensing-Erbe sein?

Zur Saison 2017/18 könnte bei Fortuna alles anders aussehen. Ein gleichwertiger Ersatz für Unnerstall, der mit 26 die besten Jahre noch vor sich hat, wird auf dem äußerst schwerfälligen Torhüter-Markt schwer zu finden sein. Und man braucht möglicherweise gar keinen neuen Mann. Warum? Weil Tim Wiesner wieder fit ist.

"Ich freue mich sehr, dass der Verein mir trotz meiner langen Verletzungszeit das Vertrauen ausspricht", sagt der 20-Jährige, der bereits 2015 den Sprung zu den Profis schaffte. Eine hartnäckige Schulterverletzung warf ihn in der laufenden Saison zurück, aber nicht um. Wiesner verlängerte sein Arbeitspapier gerade bis zum 30. Juni 2020. Er sieht in seinem Bankplatz eine Chance, keine Hürde: "Die tägliche Arbeit mit Claus Reitmaier und meinen Torwartkollegen fordert und fördert mich ungemein. Ich werde alles daran setzen, schnell zu alter Stärke zurückzufinden."

Möglich, dass Fortuna die Gelegenheit nutzt, ein Eigengewächs als Rensing-Erbe heranzuführen. Wiesner hat definitiv das Talent dazu. Jetzt muss nur noch der Körper mitspielen. "Er ist sehr fleißig und eifrig, manchmal ein wenig übereifrig — da muss er lernen, geduldiger zu sein", sagt Torwart-Trainer Reitmaier, der seinem Schützling keinen Druck macht: "Leider hat die Verletzung seine Entwicklung ein wenig gebremst, aber in ihm steckt viel Potenzial." Das sieht auch Chefcoach Friedhelm Funkel so: "Wir sind uns sicher, dass Tim schon in naher Zukunft die nächsten Entwicklungsschritte machen wird."

Das Risiko mit dem Talent ist überschaubar

Es wäre jedenfalls ein überschaubares Risiko, mit Rensing und Wiesner als Nummer eins und Nummer zwei in die nächste Saison zu gehen. Rensing war in seiner Karriere so gut wie nie verletzt, fehlte seit 2007 nur 23 Spiele. Und selbst wenn er sich verletzen sollte — und man Wiesner den Job noch nicht zutraut — könnte man in der Winterpause personell nachlegen.

Die Sicherheitsvariante wäre es, schon im Sommer auf einen alten Hasen zu setzen. Doch wer käme da in Frage? Ex-Bundesliga-Torwart Daniel Haas sitzt bei Erzgebirge Aue nur auf der Bank, sein Vertrag läuft aus. Ähnlich geht's Gerhard Tremmel bei Swansea City oder Patric Klandt beim SC Freiburg. Max Grün (VfL Wolfsburg) und Raphael Wolf (Werder Bremen) sind bei ihren Klubs beispielsweise ebenfalls außen vor.

In Hektik müssen die Düsseldorfer jedenfalls nicht verfallen. Es gibt bei Fortuna eine Position, um die man sich keine Sorgen machen muss: den Torwart. Rensing und einer guten Nachwuchsarbeit sei Dank.

(jado)
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