Fortuna Fortuna-Fans bekämpfen sich selbst

Wenn am Samstag um 13 Uhr in der Esprit-Arena das Spiel gegen Paderborn angepfiffen wird, hat die Polizei vor allem die Südkurve im Blick. Auf den Stammplätzen der Fortuna-Anhänger schwelt ein Machtkampf zweier Gruppen. Experten befürchten, dass er in Gewalt eskalieren könnte.

6000 Fortunen in Koblenz
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Die Alarmierung am Altweiber-Donnerstag klang nach einer typischen Randerscheinung des Straßenkarnevals: Anrufer meldeten der Polizei eine Schlägerei auf der Ecke Mertensgasse /Kurze Straße, bei der gegen 18.30 Uhr mehrere Personen verletzt worden seien. Als die Polizei eintraf, waren weder Opfer noch Täter oder Zeugen zur Stelle. Und bis gestern Abend lag der Polizei auch keine Anzeige eines der Beteiligten vor.

Doch was nach einem selbst erledigten Straßenstreit aussah, soll Auswuchs eines Machtkampfs unter Fortuna-Fans gewesen sein. Ein junger Mann und eine Frau hätten danach mehrere Tage im Krankenhaus verbracht, bestätigte der Fan-Beauftragte des Fußballclubs, Jörg Emgenbroich, der den Vorfall zum Thema in der Antidiskriminierungs-AG machen will. "Wenn so etwas geschieht, muss auch der Verein Verantwortung zeigen", erklärte Emgenbroich, zumal die Schlägerei nicht das einzige sei, "was einen bedenklich stimmen" müsste.

Seit Saisonbeginn schon schwelt der Konkurrenzkampf auf der Südtribüne. Im Dauerstreit liegen dabei die so genannten Ultras und die Bushwhackers, die sich selbst auch als "Düsseldorfer Hooligans" präsentieren. Ihnen sind vor allem die außersportlichen Aktivitäten der Ultras, etwa für die von Uefa und Fifa unterstützte Fare-Woche gegen Rassismus, ein Dorn im Auge berichten Insider. "Den Ultras wird vorgeworfen, Fußball zu politisieren." Umgekehrt bezichtigen Ultras die Bushwhackers rechtsextremer Tendenzen.

Der Konflikt der beiden Lager ist auch bei der Polizei nicht unbemerkt geblieben, allerdings schätzen die Beamten ihn weniger als politisch motiviert ein. "Es geht wohl vor allem darum, wer auf der Fan-Tribüne das Sagen hat", sagt Hans-Joachim Kensbock-Rieso, der die Fußball-Einsätze der Polizei leitet und im vergangenen Jahr mit allen Fan-Gruppen Gespräche geführt hat. Da waren die Gräben allerdings noch nicht so tief, wie sie inzwischen zu sein scheinen. Mehrfach gerieten die Fan-Gruppen nach Saison-Start aneinander. Hooligans versuchten im Stadion, von ihren Plätzen oberhalb des UItra-Blocks ein Transparent der Ultras abzureißen, und auch außerhalb der Arena registrierte die Polizei Scharmützel zwischen den Fans. Sie gingen vor allem von einigen gewaltbereiten Hooligans aus, denen Einfluss und Engagement der Ultras zu groß geworden seien, heißt es bei den szenekundigen Beamten. Die hatten in den vergangenen Jahren bei Heimspielen vor allem auf die Trennung gewaltbereiter Fortuna-Anhänger von ebensolchen Gästefans zu achten. Konflikte auf der Heimtribüne, wie sie nun aufzuflammen drohen, hat es seit den frühen 1980ern nicht mehr gegeben.

Auch am Altweiber-Donnerstag sei es dieser Konflikt gewesen, der nach - möglicherweise von Alkohol beflügelten - Verbalattacken zur Schlägerei führte. Deren Opfer hätten sich aus Angst vor weiteren Attacken nicht bei der Polizei gemeldet, sagte ein Insider der RP und will aus dem selben Grund lieber anonym bleiben. "Die Spannungen in der Südkurve sind seit Monaten spürbar." Davon seien nicht bloß die beiden Fan-Lager betroffen. "Es gibt viele, die diesen Konflikt für ihre eigenen Interessen nutzen." So haben sich die Ultras mit ihren demonstrativen Protesten etwa gegen Ticket-Kontingente und Stadionverbote nicht nur Freunde gemacht.

Vor allem aber seien seit dem Aufstieg in die zweite Liga Fortuna-Anhänger ins Stadion zurückgekehrt, die "sich nicht an die Regeln halten wollen, die wir in den vergangenen Jahren erarbeitet haben." Vereinbarungen gegen Rassismus und für Toleranz, die Arbeit in den Fan-Projekten gegen Gewalt oder das jüngst auf den Weg gebrachte schwul-lesbische Fan-Projekt stießen in diesen Kreisen auf wenig Verständnis. Viel zu lange, so der Insider, "ist darüber geschwiegen worden - auch aus dem Bedürfnis, das Vereinsimage nicht zu beschädigen."

Der Verein, erklärte Emgenbroich gestern im Internet-Forum der Fortuna-Fans, habe sich heraushalten wollen, weil er "viel Wert auf die Selbstorganisation der Fanszene" lege. "Wenn dieser Prozess nicht greift, müssen wir aber auch eine Schutzfunktion wahrnehmen." Nicht nur im Stadion, sondern auch vor und nach dem Spiel müsse "das gemeinschaftliche Leben möglich" sein.

(RP)
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