Fortuna Wolfgang Seel: Kunstschuss zum Siegtor

Der pfeilschnelle, athletische Offensivmann Wolfgnag Seel sorgte beim Pokalfinale 1979 gegen Hertha BSC Berlin für die Entscheidung. Der Treffer war der wichtigste seiner Karriere. Seit fast drei Jahrzehnten lebt der sechsmalige Nationalspieler wieder im Saarland und leitet für den DFB montags immer noch ein Jugend-Stützpunkttraining.

 DFB-Pokalfinale 1979: Fortuna gegen Hertha, Endstand 1:0. Das einzige Tor erzielte Wolfgang Seel gegen Torwart Norbert Nigbur.

DFB-Pokalfinale 1979: Fortuna gegen Hertha, Endstand 1:0. Das einzige Tor erzielte Wolfgang Seel gegen Torwart Norbert Nigbur.

Foto: Horstmüller

Für den Düsseldorfer Fußball war der 23. Juni 1979 ein historischer Tag. Hannover, Niedersachsenstadion: In der Verlängerung des deutschen Pokalfinales zwischen Fortuna und Hertha BSC stand es vier Minuten vor Schluss immer noch 0:0. Viele Fans hatten sich bereits auf ein Wiederholungsspiel zwei Tage später eingerichtet, als Wolfgang Seel das goldene Tor zum 1:0-Erfolg erzielte. Es war ein außergewöhnlicher Treffer mit einem Schuss aus spitzem Winkel. Halb im Fallen — mit einem wahren Kunstschuss.

"Nach einem Freistoß hatte Uwe Kliemann den Ball, er wurde von Rudi Bommer angegriffen und spielte den Ball zurück", beschreibt Seel 32 Jahre nach dem Finale die entscheidenden Augenblicke. "Ich hatte das geahnt. Berlins Torhüter Norbert Nigbur konnte den Ball nicht festhalten und ließ ihn abprallen, und als ich dann schoss, war mir klar: Der geht rein. Das hat man dann im Gefühl." Kurios findet der sechsmalige Nationalspieler heute noch: "Es war mein linker, schwächerer Fuß, und dann habe ich auch noch mit der Innenseite geschossen."

Wenngleich Fortuna 1933 den deutschen Meistertitel gewinnen konnte, war 1979 das erfolgreichste Jahr ihrer Geschichte. Denn bevor ihre Spieler in Hannover den ersten Pokalsieg feierten, hatten sie ihren Fans bereits am 16. Mai mit der Leistung beim Europacupfinale gegen den FC Barcelona in Basel einen denkwürdigen Abend bereitet. Erst in der Verlängerung mussten sie sich dem hohen Favoriten aus Spanien geschlagen geben, knapp mit 3:4, und als zweifacher Torschütze hatte auch Wolfgang Seel entscheidenden Anteil an dem dramatischen Geschehen im St.-Jakob-Stadion. Obwohl die Männer von Cheftrainer Hans-Dieter Tippenhauer die Partie verloren, sorgten sie auch an diesem Tag für eine Sternstunde der Düsseldorfer Fortuna.

In Hannover war Wolfgang Seel mit dem wichtigsten Tor seiner Karriere Fortunas ganz großer Pokalheld. "Ein Jahr vorher war es umgekehrt. Da war ich der Sündenbock", gesteht er. "Denn bei unserer Niederlage im Endspiel gegen Köln haben wir einige Chancen liegengelassen — und ich besonders. Meine schwache Leistung war ausschlaggebend dafür, dass ich nicht mit zur Weltmeisterschaft nach Argentinien fuhr. Zu Recht nicht."

Zwar gewann er 1979 mit Fortuna einen Titel und erlebte das herrliche Abenteuer Basel, dennoch hatte Seel den Zenit seines Könnens zu diesem Zeitpunkt bereits überschritten. "Ich hatte Mitte der Siebzigerjahre viel besser gespielt", erklärt er. "Da war ich um Klassen besser." In der Bundesligasaison 1974/75 erzielte der pfeilschnelle, athletische Mann, der einen 100-Meter-Sprint in etwa elf Sekunden zurücklegen konnte, 13 Tore. Alle aus dem Spiel heraus — nicht mit Freistößen, Elfmetern oder Kopfbällen.

Seit 1982 lebt Wolfgang Seel wieder in seiner saarländischen Heimat. Der heute 63-Jährige wohnt in St. Ingbert-Oberwürzbach. Obwohl er seit 2007 nicht mehr beim Saarland-Sporttoto arbeitet, ist er alles andere als ein Ruheständler, und der Fußball spielt für ihn nach wie vor eine bedeutende Rolle. "Ich bin nur unterwegs", verrät er, "meine Frau murrt da schon manchmal." So leitet er jeden Montag in Altenwald, dem Geburtsort des ehemaligen Schalker Managers Rudi Assauer, drei Stunden lang ein Jugendtraining in einem DFB-Stützpunkt. Mittwochs spielt er mit Sportjournalisten Hallenfußball in der Sportschule Saarbrücken, und am Wochenende schaut er fast immer bei einem Spiel seines Sohnes Fabian zu. Der 25-Jährige ist Torhüter und spielt für den FC Reimsbach in der Saarlandliga.

Wolfgang Seel bestritt genau 361 Bundesligaspiele: 65 für den 1. FC Kaiserslautern, 274 für Fortuna und 22 für den 1. FC Saarbrücken. Von seinen 79 Toren in der deutschen Eliteklasse erzielte er 59 im Düsseldorfer Trikot. Er war in seiner Karriere auf mehreren Positionen "zu Hause": im Mittelfeld, als Mittelstürmer und auf den Flügeln. Fortuna profitierte sehr von seiner Vielseitigkeit. Zwar brachte es Seel im Nationaltrikot "nur" auf sechs Einsätze, eines dieser Länderspiele war für Fortuna jedoch ein denkwürdiges: Beim ersten Treffen der Nationalmannschaft nach der WM 1974, beim 2:1-Sieg gegen die Schweiz in Basel, bildeten Seel, Rainer Geye (gestorben 2002) und Dieter Herzog den kompletten deutschen Angriff.

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