Rücktritt aus der Nationalelf Frankreich weint Ribery keine Träne nach

Paris/München · Bei Bayern München ist er ein unumstrittener Superstar, in Frankreich die ungeliebte Diva: Nach seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft wird das gespaltene Verhältnis von Franck Ribery zu seinem Heimatland einmal mehr deutlich. Die Grande Nation weint dem 31-Jährigen zwei Jahre vor der Heim-EM kaum eine Träne nach.

Franck Ribery: Dribbelkünstler und Europas Fußballer des Jahres 2013
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Das ist Franck Ribery

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Foto: dpa/Uwe Anspach

In einer Umfrage von Le Parisien sagen 90,2 (!) Prozent, dass sie den Rücktritt von Ribery keineswegs bedauern. Bei einer Online-Umfrage der L'Equipe sind es knapp 70 Prozent.

Weltmeister Frank Leboeuf sagte im französischen Fernsehen, dass niemand "unverzichtbar" sei: "Und Franck wurde bei der WM in Brasilien nicht vermisst." Auch der bekannte Fußball-Kommentator Pascal Praud schrieb in einer Kolumne für LePoint.fr, dass Ribery "ein unbeliebter Sportler ist, den die Franzosen nicht mögen und über den die Medien sich lustig machen. Er verlässt die Nationalmannschaft und viele werden ihn nicht vermissen. Der Bruch mit ihm ist seit langem endgültig."

Nach wie vor sehen die Franzosen in Ribery einen der Drahtzieher der "Schande von Knysna" bei der WM 2010 in Südafrika. Auch die Affäre um eine minderjährige Prostituierte hatte den Ruf von Ribery, der 2007 nach München gewechselt war, schwer beschädigt.

Nun hat Ribery keine Lust mehr, ständig für sein Image in Frankreich kämpfen zu müssen. "Ein Ribery hatte in Frankreich nicht das Recht, Fehler zu machen. Da wurde nur geschaut, was nicht läuft. Mir wurde nichts verziehen", sagte der 81-malige Nationalspieler im kicker-Interview, in dem er auch seinen Abschied verkündete.

In München sei es dagegen "anders", ergänzte Ribery: "Ich habe immer alles gegeben, aber der Klub hat mich auch immer unterstützt, weil er versucht hat zu verstehen, wie ich bin. Deshalb hat das auch funktioniert." Er sei jemand, "der emotional ist, der Harmonie braucht, und wenn diese Atmosphäre nicht gegeben ist, dann ist es schwer für mich."

In Frankreich war diese Harmonie nie so richtig da. Auch sein Ausfall bei der WM in Brasilien wegen Rückenproblemen war kontrovers diskutiert worden. Dies habe ihm "weh getan, denn ich habe immer alles für mein Land gegeben. Ich habe mich in schweren Situationen nicht versteckt, sondern habe Verantwortung übernommen" unterstrich der 31-Jährige.

Aber die Verachtung vieler seiner Landsleute tangiere ihn nicht mehr, so Ribery: "Es gibt nun mal Menschen, die mich mögen, andere wiederum tun das nicht. So ist das. Ich kann auf jeden Fall in den Spiegel schauen und sagen, dass ich immer alles gegeben habe."

Seine Gründe für den Rückzug seien "rein persönlicher" Natur. Er wolle sich mehr seiner Familie widmen, sich aber auch "ganz auf die Aufgaben beim FC Bayern konzentrieren und auch den vielen tollen jungen Spielern in der Nationalmannschaft den Platz überlassen", sagte Ribery. Ähnlich hatte Riberys Teamkollege Philipp Lahm zuletzt seinen Abschied aus der deutschen Nationalmannschaft begründet.

Beide werden beim nächsten großen Turnier nun fehlen. Ribery, der am 27. Mai 2006 für "Les Bleus" gegen Mexiko debütiert hatte, sieht Frankreich für die EURO 2016 im eigenen Land aber auf jeden Fall gewappnet: "Man hat bei der WM gesehen, dass man sich über die Zukunft Frankreichs keine Sorgen machen muss." Und zwar auch ohne den Ungeliebten.

(sid)
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