Zahl der Frauenfanclubs steigt Frauen lieben Fußball, nicht die Spieler

Düsseldorf (rpo). Fußball, ein Männersport? Das stimmt schon lange nicht mehr. Seit Jahren steigt die Zahl der Frauen, die regelmäßig ins Stadion gehen. Und es werden noch mehr. Mittlerweile gibt es sogar Frauenfanclubs, die ihren Verein mindestens genauso laut unterstützen wie ihre männlichen Fan-Kollegen.

Die Borussen-Stuten
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Foto: Borussen-Stuten

Den Trend der weiblichen Stadiongänger verfolgt Annika Hoffmann sehr genau. Seit drei Jahren ist sie Sprecherin mit dem Schwerpunkt Frauen und Fußball bei BAFF, dem Bündnis aktiver Fußballfans. Sie schätzt den Anteil der Frauen, die in der Saison jedes Wochenende ihre Mannschaft unterstützen auf 20 Prozent. Leider gebe es dazu keine wissenschaftlichen Untersuchungen. "Ich denke auch, dass es schon immer relativ viele weibliche Fans gab", ist sich die studierte Soziologin sicher. "Diese Tatsache wird allerdings immer klein geredet." Auch vor 20 Jahren seien Frauen beim Fußball eine Minderheit, aber längst keine Ausnahme gewesen — ihr Interesse sei immer da gewesen.

Dass weibliche Fans momentan eher wahrgenommen werden, liegt nur zum einen daran, dass sie wirklich mehr Interesse an der Sportart bekommen haben. "Ein wichtiger Punkt ist weiter, dass die Frau nun von den Vereinen als Werbezielgruppe entdeckt wurde", erklärt Hoffmann und fügt noch an: "Und dass die Deutschen Weltmeisterinnen geworden sind, tut ihr übriges." Ein Beweis für die These ist sicherlich, dass es bereits seit Jahren reine Frauenfanclubs gibt. Einen genauen Überblick über ihre Anzahl gibt es zwar nicht, gewiss ist nur, dass es konstant mehr werden.

Borussen-Stuten

Erst seit kurzem gibt es die "Borussen-Stuten". Am 6. Mai haben sich die acht Frauen aus Brüggen, Berlin, Viersen und Düsseldorf zu einem Fanclub zusammengeschlossen, um ihren Verein Borussia Mönchengladbach zu ehren. Regelmäßig ins Stadion gehen Yvonne, Sabine, Anke, Silke, Astrid, Tanja, Julia und Linda aber schon seit mindestens zwei bis drei Jahren.

Die erste Vorsitzende Silke Müller erklärt ihre Ziele: "Wir möchten zunächst unseren Verein unterstützen, aber auch zeigen, dass vernünftige Mädchen fußballinteressiert sind." Schließlich seien sie bis auf die 18-jährige Julia alle schon Mitte bis Ende 20, hätten gut Jobs als Diplom-Chemikerin, Krankenschwester oder kaufmännische Angestellte.

Das alles schließe nicht aus, wöchentlich in der Nordkurve zu stehen. Dumme Sprüche von männlichen Fans bekäme Frau immer wieder zu hören. "Aber dem treten wir mit Selbstironie entgegen", sagt Silke selbstbewusst, "so kam dann auch unser Name 'Borussen-Stuten' zustande." Neue Mitglieder werden für eine hoffentlich lange, gemeinsame Zukunft noch gesucht: "Frauen zwischen 18 und 40 können sich über unsere Homepage melden, die bald fertig gestellt wird", fügt Müller an.

Girls United

Keine neuen Mitglieder nehmen die Düsseldorfer "Girls United" auf. "Seit unserer Gründung im Jahre 2000 waren und bleiben wir fünf Mädels", erklärt Domenique Lanze, "wir waren zuvor lange befreundet und gehen teils schon über zehn Jahre zu unserer Fortuna. Die Freundschaften sollen durch neue Mitglieder nicht kaputt gehen."

Die weiblichen Mitbegründer der Ultras Düsseldorf nahmen einen kleinen Prostest gegen die Männer zum Gründungsanlass. "Als wir bei Choreo-Vorbereitungen mal wieder im Stich gelassen worden sind, war es für uns klar", begründet Domenique, "wir mussten etwas Eigenes auf die Beine stellen."

Und das mit Erfolg. Seit über sechs Jahren fahren Domenique, Jeanette, Niki, Jacqueline und Jennifer (zwischen 20 und 22 Jahre alt) gemeinsam zu fast allen Heim- und Auswärtsspielen.

Crazy Girls

Noch länger existieren in Nürnberg die "Crazy Girls". Seit April 1997 gibt es den Club mit acht Mädchen, die mittlerweile zwischen 26 und 30 Jahre alt sind. Oft wurden sie von ihren männlichen Fan-Kollegen belächelt und nicht ernst genommen.

"Aber seit wir mit unserer eigenen Homepage an den Start gingen, haben wir viel positive Resonanz erhalten", weiß Anita Roth. In der Fanszene seien sie relativ anerkannt. Das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass die Crazy Girls schon lange aktiv sind: "Wir besuchen alle Saisonspiele, zusätzlich Testspiele und Fanveranstaltungen", sagt Anita. "Wir sind alle Mitglieder beim 1. FC Nürnberg sowie beim dort ansässigen Supporters Club." Das zeige das wahre Interesse an dem Verein. Das Vorurteil, dass die acht nur für die Spieler schwärmen, stimme wie auch bei den Girls United und den Borussen-Stuten in keiner Weise.

Diese Frauenfanclubs sind nur drei Beispiele. Doch sie zeigen, wie die Realität in deutschen Fußballstadien aussieht: "Es gibt seit Jahren im Gegensatz zu den meisten Schätzungen enorm viele weibliche Fans", unterstreicht Annika Hoffmann von BAFF erneut, "sie werden allerdings neben den 'normalen' Fan-Problemen wie Überwachung, Kommerzialisierung und Repression auch noch mit fehlender Akzeptanz sowie bewusster und unbewusster Ausgrenzung konfrontiert."

Trotzdem spricht nach Hoffmanns Auffassung nichts dagegen, dass die Zahl der weiblichen Stadionbesucher noch weiter ansteigt. Sie glaubt jedoch, dass diese Entwicklung langsam sein wird, da sie über die Sozialisation immer noch zu wenig vermittelt wird. Eine Chance könnte dafür die momentane Beachtung der Frau beim Fußball sein, die wahrscheinlich während der WM noch steigen wird.

Repräsentative Studien fanden heraus, dass 67 Prozent der Frauen an der WM interessiert sind, zwölf Prozent werden vom 9. Juni bis zum 9. Juli sogar ihren Alltag voll und ganz auf das Großereignis ausrichten.

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