Frauen-EM Die Steffi wird's schon richten

Sint-Michielsgestel · Steffi Jones ist von ihrer Spielidee überzeugt – vielleicht will sie zu viel auf einmal. Bei ihrem ersten großen Turnier als Bundestrainerin der Frauenfußball-Nationalmannschaft läuft noch nicht alles rund.

Steffi Jones: Weltmeisterin, WM-Botschafterin, Kurz-Bundestrainerin
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Das ist Steffi Jones

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Foto: dpa, shp hae nic

Steffi Jones ist von ihrer Spielidee überzeugt — vielleicht will sie zu viel auf einmal. Bei ihrem ersten großen Turnier als Bundestrainerin der Frauenfußball-Nationalmannschaft läuft noch nicht alles rund.

In diesen Tagen der Europameisterschafts-Endrunde in den Niederlanden hält Steffi Jones am Tag nach Spielen der deutschen Auswahl quasi eine Rede zur Lage der Nation. Die Bundestrainerin der Frauenfußball-Nationalmannschaft lächelt dann immer freundlich in die Kameras und beantwortet alle Fragen tapfer. Lag es am Unvermögen der Spielerinnen oder war es einfach nur Pech, dass beim 2:1 gegen Italien so viele Chancen ungenutzt blieben, will der ZDF-Reporter von Jones wissen. Jones hat Mühe, sich zu kontrollieren. Sie würde am liebsten wohl antworten, ob er das Spiel nicht gesehen habe, ob er sich diese Frage dann nicht selbst beantworten könne. Sie antwortet indes freundlich: "Wir haben uns viele Chancen erarbeitet. Einmal ging der Ball an den Innenpfosten, und dann sprang er wieder heraus. In anderen Szenen hat uns einfach noch etwas Durchschlagskraft gefehlt."

Man wird ihr diese allzu diplomatischen Worte vermutlich nachsehen. Es ist ihr erstes großes Turnier als verantwortliche Trainerin, und es läuft bislang noch nicht sonderlich rund. Im ersten Spiel gegen Schweden (0:0) rumpelte es arg im Spielaufbau, die zweite Gruppenpartie gegen Italien war nun auch alles andere als eine Offenbarung. Sie sagt: "Wir müssen aus unseren Fehlern lernen, und die Spielerinnen müssen es jetzt umsetzen. Sonst wird es schwer, unsere Ziele zu erreichen." Rumms. Es ist ein großes Risiko, bereits in einer so frühen Phase verbal derart aufzufahren. Für Jones war es offenbar der richtige Zeitpunkt, um aufzurütteln. Auch wenn sie kurz nach diesem Statement, wohl selbst erschrocken über die Deutlichkeit, rasch anfügte: "Es hört sich harsch an, ist aber nicht so gemeint."

Jones ist beim Deutschen Fußball-Bund angetreten, die Frauen-Auswahl weiterzuentwickeln. Sie war eine Weltklasseverteidigerin, Gesicht des Verbands bei der Heim-WM 2011, wurde, protegiert von dem damaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger, zur Sportdirektorin erkoren und hat sich in dieser Rolle quasi selbst für den Posten der Nationaltrainerin empfohlen. Jones ist Nachfolgerin von Silvia Neid, unter deren Ägide nicht besonders schöner, aber sehr erfolgreicher Fußball gespielt wurde. Titel sind super, doch es sollte auch eine Entwicklung der Spielkultur erkennbar sein. Jones hat sich das zum Ziel gesetzt. Attraktiver Ballbesitzfußball, frühes Pressing, schnelles Umschaltspiel. Wer sie vor dieser EM über ihre Vision eines perfekten Spiels hat reden hören, der fühlte sich an Jürgen Klopp erinnert.

Will Jones einfach zu schnell zu viel? Überfordert es ihre Spielerinnen, etwas zu zeigen, was man nicht einfach so runterspielen kann? Was Automatismen erfordert, die wochenlang einstudiert werden müssen. Jones hat schon mal leise angemerkt, dass diese EM vermutlich noch zu früh gekommen ist. Aber wäre es dann nicht vernünftiger gewesen, die Revolution des Spiels zu verschieben, statt jetzt nur ein Revolutiönchen zu präsentieren? Vieles wirkt noch schrecklich unausgereift, und die Führungsspielerin ist mit ihrer Aufgabe überfordert. Spielgestalterin Dzsenifer Marozsan, Champions-League-Siegerin mit Lyon, irrt wie ein aufgescheuchtes Zirkuspferd durch die Manege und dreht viel zu viele Kreise. Man spürt förmlich, dass zu viel Druck auf ihr lastet.

Die Handlungsbeteiligten wollen allerdings von Alarmstimmung vor dem letzten Gruppenspiel morgen gegen Russland (20.45 Uhr) nichts wissen. "Für mich ist das Glas nicht halb leer, sondern halb voll", sagt Babett Peter, die gegen Italien den Elfmeter zum Sieg verwandelte. "Wir haben alles selbst in der Hand und wollen mit einem Sieg gegen Russland das Viertelfinale klarmachen. Dann werden wir sehen, wie es weitergeht."

Nach einem besonders ausgereiften Plan hört sich das nicht an.

(gic)
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