Frauen-Nationalmannschaft DFB feuert Bundestrainerin Jones - Hrubesch übernimmt

Frankfurt/Main · Der Deutsche Fußball-Bund hat sich von Bundestrainerin Steffi Jones getrennt. Sechs Tage nach dem schlechten Abschneiden beim Vier-Nationen-Turnier SheBelieves Cup in den USA gab der Verband am Dienstag das Ende der Zusammenarbeit bekannt.

Steffi Jones: Weltmeisterin, WM-Botschafterin, Kurz-Bundestrainerin
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Das ist Steffi Jones

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Foto: dpa, shp hae nic

Die Probezeit der Berufseinsteigerin ist abgelaufen - nun soll es der alte Haudegen richten. Nach eineinhalb Jahren muss die erfolglose Fußball-Bundestrainerin Steffi Jones (45) ihren Posten räumen. Horst Hrubesch (66) übernimmt den zweimaligen Welt- und achtmaligen Europameister als Interimscoach bei den anstehenden WM-Qualifikationsspielen im April. Wer danach das Team zur WM-Endrunde im Sommer 2019 führen soll, ist offen.

"Ich bedaure diese Entscheidung des DFB sehr. Ich war mit vollem Engagement und Leidenschaft Trainerin dieser Mannschaft", teilte Jones am Dienstag mit: "Wir befinden uns mit dem Frauenfußball in einer schwierigen Umbruchsituation, und ich hätte gerne diesen Umbruch weiter engagiert gestaltet."

Eine Option auf die Nachfolge aus den Reihen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist Junioren-Nationaltrainerin Maren Meinert (44), die 2003 mit dem Weltmeistertitel ihre aktive Karriere beendete. Für Meinert, die mit ihren Mannschaften zweimal die U20-WM und dreimal die U19-EM gewonnen hat, spricht die Stellenbeschreibung von DFB-Präsident Reinhard Grindel.

"Bei der Trainersuche wollen wir mit den Vereinen der Bundesliga jetzt eine Lösung finden, die den Frauenfußball auf eine neue Grundlage stellt", twitterte der DFB-Boss: "Heißt: Mehr Koordination zwischen DFB und Liga, mehr Verzahnung von A-Mannschaft und U-Bereich." Neben Meinert werden Ralf Kellermann (Sportchef beim VfL Wolfsburg) und Martina Voss-Tecklenburg (Schweizer Nationaltrainerin) gehandelt.

Bei Jones bedankte sich Grindel für die geleistete Arbeit: "Sie ist und bleibt ein prägendes Gesicht des deutschen Frauenfußballs, und ich würde mich freuen, wenn sie in anderer Funktion dem DFB und dem Frauenfußball erhalten bleibt." Hrubesch wünschte er via Twitter "viel Erfolg für die nächsten Spiele".

Der DFB brach das Experiment Jones nach den schlechten Auftritten des Olympiasiegers gegen die Weltklasseteams USA (0:1), England (2:2) und Frankreich (0:3) beim SheBelieves Cup Anfang März ab - und sorgte für ein Novum: Erstmals in der mehr als 35-jährigen Historie der erfolgsverwöhnten Frauen-Auswahl muss die sportliche Leitung vorzeitig gehen.

Ausschlaggebend für die Entscheidung des Präsidiums waren die Empfehlungen von Oliver Bierhoff (Direktor Nationalmannschaften) und Joti Chatzialexiou (Sportlicher Leiter Nationalmannschaften) nach einer "intensiven Analyse der vergangenen Monate". Nach SID-Informationen hat sich auch ein großer Teil der Mannschaft gegen Jones ausgesprochen.

"Wir wollen den Wechsel nutzen, um die Strukturen im Frauenfußball weiter zu professionalisieren, die Verzahnung mit dem Männerbereich zu verstärken und neue konzeptionelle Wege zu gehen", sagte Bierhoff, der auf die Kompetenz von Erfolgscoach Hrubesch vertraut.

Hrubesch: "Helfe gern"

Viel Zeit zur Einarbeitung bleibt Hrubesch, der von der ehemaligen Nationalmannschafts-Assistentin Ulrike Ballweg und seinem langjährigen Begleiter Thomas Nörenberg unterstützt wird, allerdings nicht. Am 7. April in Halle/Saale gegen Tschechien und drei Tage später in Slowenien müssen Siege für die WM-Qualifikation her. "Ich habe den Frauenfußball in den vergangenen Jahren verfolgt und war auch bei der EM im Sommer vor Ort", sagte Hrubesch: "Ich helfe in dieser Phase gerne."

Seit Jones ohne jegliche Vorerfahrung als Cheftrainerin nach dem Olympiasieg 2016 das Zepter von Neid übernommen hatte, schaffte die DFB-Auswahl in 22 Spielen nur 13 Siege (4 Unentschieden, 5 Niederlagen). Bei der EM im vergangenen Sommer in den Niederlanden begann die Krise mit einem Knall, als der Traum vom neunten EM-Titel historisch früh platzte. Bereits im Viertelfinale war Schluss für den Rekord- und Dauerchampion.

Nun ist Jones nach ihrem steilen Aufstieg von der Weltmeisterin 2003 über ihre Funktionärs-Karriere (OK-Chefin der WM 2011, DFB-Direktorin) zur Bundestrainerin krachend auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Nach dem EM-Debakel begab sich die einstige Sympathieträgerin auf einen Schlingerkurs, der in der völligen Verunsicherung der Mannschaft mündete.

(areh/sid)
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