Neid-Nachfolgerin stellt Konzept vor Steffi Jones: "Lächeln allein reicht nicht"

Frankfurt/Main · Am Mittwoch hat die neue Bundestrainerin Steffi Jones ihr Konzept vorgestellt. Die Fotografen platzierten sie anschließend vor ein Plakat, auf dem ein Teil des Programms zu lesen war: "Wir wollen gemeinsam zum Erfolg."

Steffi Jones als neue Bundestrainerin präsentiert
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DFB stellt Steffi Jones als neue Bundestrainerin vor

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Foto: afp

Und damit das nun auch jeder versteht, gesellten sich ihre Assistenten Markus Höger und Verena Hagedorn gleich mal dazu. Natürlich haben alle gelächelt, Steffi Jones ganz besonders. Sie machte das typische Steffi-Jones-Gesicht. Die Neue ist eben ein freundliches Wesen. Aber sie hat schon häufiger gesagt: "Lächeln allein reicht nicht."

Das gilt für ihre neue Aufgabe, in der sie das große Erbe von Silvia Neid verwalten muss, die nach einem WM-Titel, zwei Europameisterschaften und der Goldmedaille von Rio reich dekoriert abtritt. Das galt für ihren Job als DFB-Direktorin Frauenfußball, den sie für den Trainerberuf aufgab. Und das galt für ihr ganzes Leben. Denn leicht hat sie es nicht gehabt, die neue Bundestrainerin.

Sie wächst im Frankfurter Problemviertel Bonames als Tochter einer Deutschen und eines afroamerikanischen Soldaten auf. Der Vater lässt die Familie sitzen und geht zurück in die Staaten. Da ist Steffi Jones gerade vier Jahre alt. Mutter Liselotte arbeitet im Büro. Weil das Geld nicht reicht, jobbt sie zusätzlich abends in einer Kneipe. Ihre drei Kinder sind oft sich selbst überlassen. Und Steffi Jones erfährt früh, dass sie zumindest anders aussieht als die anderen Kinder. "Negerlein", rufen sie ihr hinterher. Sie fragt ihre Mutter: "Wenn ich mich ganz arg wasche, werde ich dann so schön weiß wie du?"

Der Alltag ist hart in diesem Viertel, auch für die Kinder. Steffis Bruder Christian gerät auf die schiefe Bahn, er nimmt Drogen und stiehlt. Steffis Ausweg ist der Fußball. Er verhindert vielleicht ein Abrutschen in die Karriere einer Kleinkriminellen. Sie glaubt das jedenfalls. "Fußball war meine Rettung", sagt sie, "dort habe ich gelernt, was Respekt und Verantwortung bedeuten."

Sie lernt nicht nur soziale Werte. Sie beweist auch überdurchschnittliches Talent. Anders als Jungs in ihrem Alter, die in den großen Klubs die Vorzüge einer professionellen Rundumbetreuung erfahren und schnell ans große Geld kommen, muss sie für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Sie steht bei einem Discounter an der Kasse.

Beinahe nebenbei wird sie eine große Spielerin. Sie feiert deutsche Meisterschaften in Serie, wird mit dem DFB-Team Welt- und Europameister. Bei Olympischen Spielen gewinnt sie zweimal die Bronzemedaille. 111-mal spielt sie für Deutschland. Und weil sie ein gewinnendes Wesen hat, setzt der DFB die ehemalige Abwehrspielerin als Führungsfigur der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land ein. Steffi Jones erfüllt die sperrige Arbeitsbeschreibung "Präsidentin des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft" mit Leben, Herzlichkeit und ordentlich Arbeitstempo. Während der WM scheint sie wie ihr Vorgänger im Amt bei der Männer-WM, Franz Beckenbauer, an vielen Stellen gleichzeitig zu sein. Anders als Beckenbauer hat sie dafür keinen Hubschrauber. Aber sie erledigt diesen Job unter großem Beifall. Die WM wird ein wirtschaftlicher Erfolg, die Deutschen scheiden allerdings im Viertelfinale aus.

Schweres Erbe

Sie bleiben dennoch eine der führenden Nationen im Frauenfußball. Maßgeblichen Anteil hat Neid, die nun mit der Goldmedaille abtritt. Dass Jones sie beerbt, findet nicht jeder gut. Selbst im Verband tuscheln sie gern über mangelnde Erfahrung der neuen Bundestrainerin. Sie geht mit dem Hintergrund einer langen Karriere und einem Jahr als Neids Assistentin an die Arbeit. "Wir werden den Fußball nicht neu erfinden", sagt sie bei der offiziellen Vorstellung. Das hätte von Horst Hrubesch sein können.

(pet)
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