Frauen-Bundesliga Steffi Jones: "Niersbach nimmt uns Frauen ernst"

Düsseldorf · Die DFB-Direktorin spricht vor dem Start der Frauenfußball-Bundesliga mit unserer Redaktion über Vorurteile, Unterstützung und ihre Lebensplanung.

Frau Jones, was macht man eigentlich so den ganzen Tag als Direktorin beim Deutschen Fußball-Bund (DFB)?

Steffi Jones (lacht) Viel.

Wie sieht denn so ein ganz normaler Arbeitstag von Frau Direktorin Jones aus?

Jones Ich fange meistens gegen 8 Uhr im Büro an, der Tag ist gespickt mit etlichen Terminen. Den Schreibtisch verlasse ich gegen 17 Uhr. Dann geht es oft weiter zu Terminen. Ich kümmere mich um die Weiterentwicklung der Liga, die Breitenförderung, die Nachwuchsmannschaften. Dazu kommen noch Aufgaben als Botschafterin für Fifa und Uefa. An den Wochenenden bin ich eigentlich immer in irgendeinem Stadion. Das ist mein Leben.

Rund um die Fußball-WM der Frauen vor zwei Jahren waren Sie das Gesicht. Wie schwer war es, zurück in die Normalität zu kommen?

Jones Es hat schon etwas Zeit gebraucht. Meine Akkus waren ziemlich leer. Ich habe sehr viel von mir verlangt, manchmal etwas zu viel. Ich habe eine Thrombose bekommen, habe an Gewicht zugenommen. Mittlerweile habe ich alles wieder im Griff. Das Signal ist aber angekommen. Ich nehme mir jetzt mehr Auszeiten. Mindestens alle zwölf Wochen bin ich für eine Woche in Urlaub. Abschalten, auftanken, einfach mal das Telefon abschalten. Also so gut es geht.

Sie sind jetzt seit zwei Jahren in der Spitzenposition beim DFB tätig. Was ist der nächste Karriereschritt? Bundestrainerin oder Ambitionen auf internationaler Ebene?

Jones Also auf dem Posten der Bundestrainerin sind wir mit Silvia Neid wirklich hervorragend besetzt. Und ich bin ja schon bei den internationalen Verbänden eingebunden. Mehr ist nicht geplant. Ich fühle mich total wohl in meinem Umfeld und würde sehr gerne bis zur Rente beim DFB arbeiten.

Sie sind angetreten, den Frauenfußball hierzulande weiter zu professionalisieren. Muss man aber nicht angesichts der Zuschauerzahlen in der Bundesliga feststellen, dass der Markt ziemlich ausgereizt ist?

Jones Sehe ich nicht so. Sicherlich gibt es bei den Zuschauerzahlen irgendwo Grenzen, okay. Das müssen wir akzeptieren. An einem normalen Spieltag kommen durchschnittlich ein paar hundert Zuschauer zu den Spielen, an einem Top-Tag sind es mehrere tausend. Das ist zurzeit die Realität.

Was haben Sie sich denn für die kommenden Jahre vorgenommen?

Jones Ich hoffe, dass wir in fünf Jahren durchschnittlich bis zu 5000 Zuschauer pro Partie erreichen.

Immerhin haben Sie zur Überraschung vieler einen TV-Vertrag mit Eurosport für die Frauen-Bundesliga abgeschlossen. Wie haben Sie den Sender von Ihrem Produkt überzeugt?

Jones Wir mussten nicht viel überzeugen. Bei der vergangenen EM waren die Quoten stark. Eurosport würde sich ganz bestimmt nicht für etwas entscheiden, was sie nicht verkaufen können. Für uns ist das eine gigantische Chance — immerhin wird ein Top-Spiel übertragen.

Die forcierte Professionalisierung der Sportart hat einige Bundesligisten in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Können nicht alle Klubs mit Ihrem Tempo Schritt halten?

Jones Das ist nicht mein Tempo, wir haben zusammen mit den Vereinen diesen Weg beschlossen. Die professionellen Strukturen, die wirtschaftliche Sicht auf die Dinge — das ist nix Überraschendes. Es geht hier um die höchste deutsche Spielklasse. Wir dürfen nicht stagnieren. Wenn jemand die Kriterien nicht erfüllen kann, wird es für ihn auf dieser Ebene schwer werden. So ist das nun mal. Aber wir wollen ja alle, dass sich die Liga weiterentwickelt.

Harte Worte für eine, die in weiten Teilen der Öffentlichkeit nur als die "liebe Steffi" wahrgenommen wird.

Jones Quatsch. Es gehört zu meinen Aufgaben, Positionen umzusetzen. Sicherlich gibt es Leute, die mir diese Rolle nicht zutrauen. Ich denke, ich habe gezeigt, dass sie sich irren.

Sind Sie ein ungeduldiger Mensch?

Jones Sagen wir es so, ich habe mich mit den Abläufen im Verband arrangiert. Es gibt hier einfach festgelegte Prozedere. An die muss ich mich halten.

Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger wollte mit dem Thema "Frauenfußball" in die Geschichtsbücher des Verbandes. Erfahren Sie auch von Nachfolger Wolfgang Niersbach diese Unterstützung?

Jones Niersbach führt den Weg weiter fort. Er ist extrem interessiert und unterstützt uns in unserer Arbeit. Ich würde es sagen, wenn ich nicht spüren würde, dass wir ernst genommen werden.

Welchen Stellenwert hat die Frauen-Bundesliga für Sie im internationalen Bereich?

Jones Wir haben die stärkste Liga der Welt. Es hat sich da enorm etwas getan. Früher sind Spielerinnen aus finanziellen Gründen in die USA gegangen. Heute kommen sie zu uns.

Wer wird am Ende Meister?

Jones Es sind auch bei den Frauen immer die üblichen Verdächtigen. Titelverteidiger Wolfsburg. Oder Potsdam. Frankfurt muss man auf der Rechnung haben. Der FC Bayern München hat viel aufgeholt.

Was machen Sie, wenn Sie mal nicht über Fußball reden?

Jones (lacht) Über Fußball reden. Ich kann nicht anders.

GIANNI COSTA FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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