WM 2015 in Kanada Die Zukunft des Fußballs ist noch lange nicht weiblich

Der Weltverband Fifa versucht nach wie vor, den Stellenwert des Frauenfußballs zu steigern. Ob das mit der WM-Endrunde in Kanada gelingt, ist fraglich.

Frauen-WM: DFB-Team tourt durch Kanadas Hauptstadt
12 Bilder

DFB-Team tourt durch Kanadas Hauptstadt

12 Bilder

Vor acht Jahren lehnte sich Joseph S. Blatter weit aus dem Fenster. "Die Zukunft des Fußballs ist weiblich", sagte der Präsident des Weltverbands Fifa im Jahr 2007 vollmundig. Auf den Beginn dieser rosigen Zukunft warten die Fußballerinnen, die in weiten Teilen der Welt nach wie vor ein Schattendasein fristen, allerdings immer noch - und die WM-Endrunde in Kanada (6. Juni bis 5. Juli) sehen viele Topspielerinnen sogar als Rückschritt für ihre Sportart.

Schuld daran hat nach der Ansicht der monatelang rebellierenden Stars um die deutsche Spielführerin Nadine Angerer die Fifa. Vier Jahre nach der WM in Deutschland mit einer perfekten Organisation und vollen Stadien sehen sich die Spielerinnen nun als Versuchskaninchen des Weltverbands, der in Nordamerika zum ersten Mal ein großes Turnier auf Kunstrasen austragen lässt.

Die rund 50 Spielerinnen aus zwölf Ländern zogen ihre Klage gegen den Weltverband und den ausrichtenden kanadischen Verband CSA zwar auf Druck der Fifa zurück, ihre Meinung änderten sie aber nicht. Der Untergrund sei "diskriminierend, zweitklassig und gesundheitsgefährdend".

Auch abseits der Kunstrasen-Diskussion steht der Frauenfußball 24 Jahre nach der ersten WM in China noch vor großen Problemen. In vielen Ländern kämpft die Sportart weiter um gesellschaftliche Anerkennung — erfreuliche Entwicklungen wie in Europa, den USA und Japan sind immer noch die Ausnahme.

Ob die Endrunde in Kanada daran etwas ändern wird, erscheint fraglich. Zwar hat Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke ein "großartiges Fußball-Spektakel" versprochen, doch die Aufstockung des Teilnehmerfelds von 16 auf 24 Mannschaften wird wohl eher das Gegenteil bewirken.

Schließlich sind Negativ-Schlagzeilen als Folge der erwarteten Kantersiege der Spitzenmannschaften gegen die Exoten bereits vorprogrammiert. Zwischen den Topnationen (USA, Japan, Deutschland, Frankreich und Schweden), die das Niveau des Spiels mit Blick auf Taktik und Tempo immer weiter anheben, und den WM-Außenseitern liegen noch immer Welten.

Immerhin hat die Fifa dafür gesorgt, dass es bei der erwarteten Torflut keine Phantomtreffer geben wird. Mit dem Einsatz der Torlinientechnik will der Weltverband zudem den hohen Stellenwert der Endrunde dokumentieren.

Von einem Stellenwert wie in Deutschland, Frankreich und den USA kann der Frauenfußball weltweit aber weiterhin nur träumen. Dass Partien live im TV übertragen werden, Ligen eigene Sponsoren haben und Spielerinnen vom Fußball leben können, ist immer noch die Ausnahme. Aber vielleicht erklärt Blatter ja in Kanada, wann denn diese rosige Zukunft beginnen wird.

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort