Qualitätsdebatte nach WM-Aufstockung Mieses Niveau der Elfenbeinküste verwundert sogar Neid

Ottawa · Das 10:0 der deutschen Fußballerinnen zum WM-Auftakt gegen die Elfenbeinküste ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker am neuen Modus.

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Foto: ap

Mit der Kapuze auf dem Kopf sah Celia Sasic wie ein grimmiger Boxer aus. Auch Simone Laudehr blickt unter ihren schwarzen Mütze ernst drein, als sie im Lansdowne Stadium aus der Kabine schlurfte. Von Herzen freuen konnten sich die deutschen Fußballerinnen über das 10:0 (5:0) zum WM-Auftakt gegen die überforderten Neulinge aus der Elfenbeinküste nicht - und die erste Endrunde mit 24 Teams hat nach nur zwei Spieltagen die befürchtete Qualitätsdebatte.

Selbst Bundestrainerin Silvia Neid wunderte sich über den fußballerisch wie taktisch desolaten Auftritt des WM-Novizen: "Wir hatten sie besser eingeschätzt, als sie gespielt haben. Ich hätte vorher nie gedacht, dass wir 10:0 gewinnen." Anja Mittag, die als "Spielerin der Partie" wie Sasic einen Dreierpack geschnürt hatte, war nach der harten Gangart des hilflosen Gegners (29 Fouls, sechs gelbe Karten) einfach nur "froh, dass wir noch so gut davongekommen sind".

Die Schambeinprellung von Melanie Leupolz, zahlreiche blaue Flecken und Risswunden waren für die Deutschen spürbare Andenken an den zweithöchsten WM-Sieg der Geschichte. Das tat nicht nur ZDF-Expertin Kim Kulig beim Zuschauen weh. "Von solchen Ergebnissen will man eigentlich wegkommen", äußerte die verletzte Nationalspielerin: "Klar ist es schön, wenn die Kleinen mitspielen dürfen, aber die Attraktivität leidet schon. Meiner Meinung nach ist der Schritt zu früh gekommen."

Dass solche Ergebnisse bei der Erweiterung das Teilnehmerfeldes um acht Mannschaften auftreten würden, nahm der Weltverband FIFA mit der Entscheidung vor sechs Jahren sehenden Auges in Kauf. "Wir machen uns nichts vor: Wir werden bei diesem Turnier auch Resultate haben, die die Unterschiede krass zeigen", sagte die zuständige Fifa-Direktorin Tatjana Haenni der Frankfurter Rundschau.

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Der Weltverband wollte laut Haenni die Aufstockung, "weil sich damit in acht Nationen mehr durch die WM-Teilnahme ganz neue Entwicklungsmöglichkeiten ergeben". Nur so konnte sich die Elfenbeinküste bei der Afrika-Meisterschaft hinter Nigeria und Kamerun qualifizieren.

Haenni gab zu, dass es afrikanischen Verbänden oft an Geld und Ressourcen fehle, um den Frauenfußball zu unterstützen. Auch in Südamerika, in Kanada mit drei Teams (Brasilien, Kolumbien, Ecuador) vertreten, fehlten noch die entsprechenden Strukturen. Schon in vier Jahren bei der WM in Frankreich, erklärte Haenni, werden solche Ergebnisse sicher passe sein.

In der Gegenwart sah sich die ivorische Nationaltrainerin Clementine Toure kritischen Nachfragen ausgesetzt. "Wir haben uns den Platz hier verdient. Wir haben gegen das beste Team der Welt gespielt und Wettkämpfe auf diesem hohen Niveau sind für unsere Spielerinnen der beste Weg, zu lernen", sagte Toure, gab aber zu: "Wir hatten körperlich große Probleme."

Neid war dagegen "stolz und froh", dass ihre Auswahl Selbstvertrauen für die schwere Aufgabe am Donnerstag (22 Uhr/ARD) in der Neuauflage des EM-Finales von 2013 gegen Norwegen getankt hat. Der Weltmeister von 1995 hatte beim 4:0-Auftakt gegen Thailand, den zweiten WM-Neuling der Gruppe B, ebenfalls wenig Mühe. "Das wird ein ausgeglichenes Spiel, denn sie sind taktisch flexibel, mit allen Wassern gewaschen und haben viele Facetten", sagte Neid. Danach, merkte Lena Goeßling an, "weiß man vielleicht auch besser, wo man steht".

(sid)
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