Vertrag in Hamburg ausgelaufen Marcell Jansen ist am Tiefpunkt angelangt

Als Youngster auf der Bank beim Sommermärchen 2006 schien Marcell Jansen eine großartige Karriere zu winken. Ein bisschen nach oben ging es noch. Doch jetzt hat der gebürtige Mönchengladbacher mit 29 Jahren nicht einmal mehr einen Verein.

Fußball: Diese Spieler sind noch ohne Verein
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Foto: dpa/Andreas Arnold

Jansen ist immer noch Zwölfter. Zwölfter ist weit oben, das deutsche Männertennis würde jubeln über einen Zwölften. Doch Jansen, der Lürriper Junge, mischt nur noch in einer ehrenwerten Rangliste vorne mit: Sein Transfer von Borussia Mönchengladbach zum FC Bayern München im Sommer 2007 generierte die bis heute zwölfthöchste Ablösesumme für einen deutschen Fußballer. 14 Millionen Euro — ein Jerome Boateng kostete weniger, Marco Reus etwas mehr.

Seit dem 1. Juli erzählt eine andere Rangliste mehr über Jansens Werdegang: Er ist jetzt, nachdem sein Vertrag beim Hamburger SV ausgelaufen ist, der vereinslose Ex-Nationalspieler mit den meisten Länderspielen. In dieser Liste tummeln sich immerhin auch Heiko Westermann, Christian Pander, Alexander Madlung und Jan Schlaudraff. Der HSV entschied sich aufgrund seiner Verletzungsanfälligkeit und seines hohen Gehalts gegen eine Vertragsverlängerung mit Jansen.

45 Mal ist Jansen für Deutschland aufgelaufen, zuletzt am 5. März 2014 gegen Chile. Man erinnert sich ganz grau, dass er im vorläufigen WM-Aufgebot von Joachim Löw stand, wegen mangelnder Spielpraxis aber gestrichen wurde. Weniger als Erik Durm, Kevin Großkreutz und Matthias Ginter hätte Jansen in Brasilien jedoch auch nicht spielen können.

Im Sommermärchen-Kader 2006 war er der Jüngste, im Dezember 2004 hatte Jansen für Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga debütiert und war in seiner 73 Einsätze währenden Zeit einer der wenigen Spieler im damaligen "Kaufhaus des Westens", die den Fans auch nur annähernd Spaß bereiteten. Als Linksverteidiger mit Sturm und Drang spielte sich Jansen in die Herzen, das honorierte auch der Bundestrainer. Nach Philipp Lahm ist er in der Ära Löw hinten links am häufigsten aufgelaufen.

Nach dem Abstieg 2007 ging Jansen für selbst aus heutiger Sicht unfassbar viel Geld zu den Bayern, zwei Monate später kehrte er im roten Trikot zurück und wurde bei einem Testspiel im Borussia-Park ausgepfiffen. Er wolle sich weiterentwickeln, sagte Jansen, dafür sei die 2. Bundesliga nicht der richtige Platz. Das war nun wahrlich keine skandalöse Erkenntnis mit Judas-Attitüde, aber steigerte in einer der sportlich schwierigsten Zeiten der Vereinsgeschichte nicht gerade die Harmonie.

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Der FC Bayern im letzten Jahr unter Ottmar Hitzfeld war ebenso wenig der richtige Platz für Jansen. Kurz vor dem Ende der Transferperiode im Sommer 2008 wechselte er nach 17 Einsätzen für den Rekordmeister für acht Millionen Euro zum Hamburger SV. Der hatte damals Europacup-Ambitionen, denen er sogar gerecht wurde, gar nicht so lange her. Im Uefa-Cup und DFB-Pokal scheiterte Jansen mit dem HSV nur knapp am Finaleinzug. Gladbach schaffte dagegen nach dem direkten Wiederaufstieg nur mit Mühe den Klassenerhalt.

Spult man an dieser Stelle sechs Jahre vor, ergibt sich ein ernüchterndes Bild für die einen und ein euphorisierendes für die anderen: Hamburg nimmt ohne den vereinslosen Jansen scheinbar das Relegations-Triple ins Visier. Gladbach bereitet sich auf die erste Champions-League-Teilnahme vor und hat nie ernsthaft einen Gedanken daran verschwendet, den Lürriper Jungen zurück nach Hause zu holen.

Nach Angaben der Zeitschrift "Gala" denkt Jansen jetzt sogar über sein Karriereende nach. Interesse von Gala(tasaray) aus Istanbul wäre ihm sicherlich lieber als das eines People-Magazins, das ihn mit diesen Worten zitiert: "Ich habe mehrere Dinge im Blick. Gesundheit, Fashion, Internet oder Apps gehören natürlich dazu." Interessant für die "Gala" ist Jansen wohl, weil es auf dem privaten Model-Transfermarkt in den vergangenen Jahren besser lief als auf dem Fußballplatz.

Angebote sollen ihm vorliegen, die meisten aus dem Ausland. Wie ernst es Benfica Lissabon und Co. meinen, ist jedoch fraglich. Jansens Gehalt in Hamburg wurde zuletzt auf 2,5 Millionen Euro beziffert. Immerhin: In der deutschen Transfertabelle sollte es auch am Ende des Sommers noch für eine Top-Position reichen.

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