Abstiegskampf HSV: Die bedingungslose Fan-Solidarität bröckelt

Hamburg · Bürgermeister Olaf Scholz kam sogar zu einem Solidaritätsbesuch ins Trainingslager nach Malente, doch viele HSV-Fans sehen dem entscheidenden Spiel um den Klassenerhalt gegen Schalke 04 eher resignativ entgegen

 Leidensfähig: Die HSV-Fans

Leidensfähig: Die HSV-Fans

Foto: dpa, Maurizio Gambarini

Ja, es gibt sie noch, die unverbrüchlich treuen HSV-Fans. Die ihre Daumen drücken, bis sie schmerzen, die per Fahrrad aus dem Oberbergischen Land in die WM-Arena am Volkspark kommen. Aber ein Kawenzmann der Solidarität wie vor einem Jahr ist es nicht mehr, der dieser Tage durch die Hansestadt schwappt.

Dass der Hamburger SV nach der Partie am Samstag (15.30 Uhr/im Live-Ticker) gegen Schalke 04 erstmals in seiner 128-jährigen Geschichte zweitklassig werden könnte, würde vielen Anhängern weh tun, doch so mancher hat längst resigniert. Denn seit Jahren reiht sich an der Elbe Trainer an Trainer, Misserfolg an Fehlentscheidung.

Zumindest Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz geht jedoch voran und leistet moralische Unterstützung. "Ich habe eine Mannschaft erlebt, die den Willen hat zu gewinnen", sagte das Stadtoberhaupt nach einem Blitzbesuch bei Kaffee und Erdbeerkuchen im Trainingslager Malente. Dazu nickten die Profis artig.

Rettender Sieg gegen Schalke oder Abstieg in Liga zwei, am Ende einer erneuten Horrorsaison soll aufgearbeitet und hinterfragt werden bei den Norddeutschen - wieder einmal. Kritik wird und muss dabei auf den Tisch kommen, denn auch der neue Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer hat den Traditionsklub nicht voranbringen können.

Was in der Liga durchaus zu hämischen Reaktionen führte. Zlatko Junuzovic vom Erzrivalen Werder Bremen wünschte dem HSV sogar den Abstieg, ehe er via Twitter zurückruderte. Zu einer solchen Rolle rückwärts sah der ehemalige HSV-Keeper Frank Rost keinen Anlass. "Egal wie das Spiel ausgeht: Hamburg wird absteigen, die betteln ja schon seit Jahren darum", sagte er im WAZ-Interview unverblümt.

Aber auch 24 Stunden vor dem Anpfiff wurde beim HSV weiter gebettelt und in Überlebensymbolik gemacht. Maskottchen Dino verteilte vor dem Rathaus 5000 Exemplare des Ginkgo biloba - einer Heilpflanze, die angeblich sogar atomarer Strahlung trotzen soll.

Das Abstiegs-Barometer
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Foto: ap

Doch auf die Wirkung dieses Wundergewächses mag man sich beim offiziellen Supporters Club dann doch nicht verlassen. Die Leidensgemeinschaft ruft zu Zustimmungsbekundungen für die Spieler schon auf deren Weg zum Stadion auf. Auch der Support in der Arena soll frei von jeglichen Unmutsäußerungen bleiben.

Über die Szenarien rund um das Stadion nach dem Abpfiff von Schiedsrichter Tobias Welz aus Wiesbaden lässt sich nur spekulieren, der Spielverlauf wird dabei eine entscheidende Rolle spielen. Bei Abstieg jedenfalls, das ist schon entschieden, wird die legendäre Stadionuhr nach 51 Jahren 273 Tagen und sechs Stunden gegen Mitternacht abgestellt.

Hamburgs Polizei ist jedenfalls auf Problemfans vorbereitet, zumal nur wenige Kilometer vom Volkspark entfernt auf dem Spielbudenplatz zahlreiche Musik-Fans auf der traditionellen ESC-Party der ARD erwartet werden.

Immerhin: Bei der Schlagersause in Wien kann Hamburg nicht absteigen. Für die in der Hansestadt geborene Ann-Sophie, die für Deutschland singt, wäre Platz 15 schon ein Erfolg - für den HSV wäre er die Rettung.

(sid)
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