Hannover 96 Schaafs Rettermission: "Wachrütteln, alles ausreizen"

Hannover · Thomas Schaaf ist der Mann, der Hannover 96 retten soll. Es wird seine schwierigste Mission. Dafür wird kräftig neues Personal eingekauft.

Erholt, entschlossen, ehrgeizig: Thomas Schaaf geht voller Tatendrang in seine Retter-Mission bei Hannover 96. Der neue Hoffnungsträger beim Tabellenvorletzten startete mit einer Ruck-Rede in die wohl schwierigste Aufgabe seiner Karriere.

Er wolle "wachrütteln", "alles ausreizen" und "viel arbeiten", sagte Schaaf am Montag bei seiner Antrittserklärung: "Es ist klar, dass wir etwas verändern müssen." Sein Motto: Alles, aber auch wirklich alles wird bis zum 14. Mai dem ultimativen Ziel Klassenerhalt untergeordnet.

Schaafs Auftritt zog riesiges Interesse nach sich. Allein zwölf Kamerateams kämpften um die besten Bilder, der Presseraum war bei seiner Vorstellung dicht gefüllt.

Schon am Vormittag schickte Schaaf, Dreitagebart, schwarze Brille, sein Team im dichten Schneetreiben und bei Minusgraden zum ersten Training des neuen Jahres. Um 10.10 Uhr jubelten die Fans dem ehemaligen Meistertrainer zu. Da waren selbst die drei Neuzugänge Adam Szalai, Hotaru Yamaguchi (Cerezo Osaka) und Iver Fossum (Strömsgodset IF) abgemeldet.

Schaaf präsentierte sich in Hannover wie schon zuvor bei Werder Bremen und Eintracht Frankfurt als ehrlicher Malocher. "Ziel ist es, uns aus dieser Situation zu befreien", sagte Schaaf, der kurz nach Weihnachten als Nachfolger von Michael Frontzeck verpflichtet worden war. Es zählten nur Punkte, da komme es nicht auf Schönspielerei an.

Thomas Schaaf leitet erstes Training bei Hannover 96
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Schaaf leitet erstes Training bei Hannover

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Foto: dpa, jst tmk

Neben dem Trio um Szalai, der zunächst bis Saisonende von 1899 Hoffenheim ausgeliehen wurde, wird Geschäftsführer Martin Bader Schaaf wohl noch weitere Verstärkungen mit auf den steinigen Weg geben. Auf der Wunschliste stehen mindestens noch ein Offensivspieler sowie ein Linksverteidiger. Hartnäckig halten sich die Gerüchte, dass 96 an Stürmer Moussa Konate (FC Sion) Interesse hat. Unbedingt verkauft werden soll Flop-Angreifer Mevlüt Erdinc. "Wir schauen uns den Markt an", sagte Schaaf. Neue Spieler müssten aber echte Verstärkungen sein und keine "Kaderauffüller".

Schaaf versprühte am Montag einen Funken Glauben an Besserung. Die Fans seien in der Hinrunde genug mit Grusel-Fußball gefoltert worden. Sechs Heimpleiten, überhaupt nur vier Siege, 14 Punkte und kümmerliche 18 Tore zählten die Statistiker. Nur 1988/89 und 1971/72 war die Halbzeit-Bilanz der Niedersachsen noch schwächer. Schaaf versprach allen Anhängern einen "langen Atem". Der 54-Jährige habe die "nötige Geduld. Ich will alle mitreißen, allen das Vertrauen geben, dass wir das schaffen. Es wird sicher schwierig werden, uns einen Vorwurf zu machen, dass wir nicht alles gegeben haben."

Knapp acht Monate nach seinem Rücktritt in Frankfurt strotzte Schaaf wieder vor Ehrgeiz. Der ehemalige Verteidiger gilt als Grantler, doch am Montag war er bestens gelaunt und gesprächig. Er ist gefragt, hat wieder einen Job - und das auch noch in der Nähe seines Wohnortes Brinkum. "Das schadet sicher nicht", sagte Schaaf, der aber keine Sentimentalitäten zuließ: "Ich will sehen, dass sich jeder darum bemüht, unsere Situation zu verbessern."

Und dafür muss Schaaf vielleicht auch seiner alten Liebe Werder wehtun. Bremen hat einen Punkt mehr gesammelt, am 5. März kehrt Schaaf in sein altes Wohnzimmer an der Weser zurück. "Das sind alles Gedanken, die sie haben", sagte Schaaf den Reportern: "Aber ich nicht. Deshalb kann ich nichts dazu sagen."

Die Erwartungen an Schaaf sind riesig. "Ich bin erstmals seit langem innerlich entspannt und sicher, unser neuer Trainer schafft das", sagte Hannovers allmächtiger Präsident Martin Kind dem Fachmagazin kicker. Nach turbulenten Jahren wünscht sich der Unternehmer wieder Kontinuität auf der Trainerbank. Aber: "Jetzt besitzt der Klassenerhalt die absolute Priorität." Auch für Schaaf.

(sid)
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