Helmut Schön Der Mann mit der Mütze wäre heute 100 geworden

Düsseldorf · Helmut Schön war der erfolgreichste Bundestrainer, er wurde Welt- und Europameister.

Helmut Schön: Der Mann mit der Mütze
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Da ist zunächst mal diese große, fleischige Nase. Dann der leicht gebückte Gang, typisch für einen, der immer ein bisschen länger war als seine Mitmenschen. Und dann - natürlich - die Mütze. Sie wurde sein Markenzeichen. Helmut Schön war der "Mann mit der Mütze". Als der Bundestrainer seinen Abschied nahm, widmete ihm der Sänger Udo Jürgens das Lied "Der Mann mit der Mütze geht nach Haus". Schön ertrug die Huldigungen beim Ausstand mit leiser Belustigung und ein wenig verlegen. Heute wäre er 100 Jahre alt geworden.

Helmut Schön war einer der größten Fußball-Bundestrainer - nach seinen Erfolgen der größte. Er gewann 1974 mit der Mannschaft um Franz Beckenbauer die Weltmeisterschaft, zwei Jahre vorher war er mit der DFB-Auswahl Europameister geworden. Das waren die Sternstunden des Mannes, der als Stürmer des Dresdner SC 16 Länderspiele machte.

Er erlebte sie in einer Zeit, als Taktik noch nicht das beliebteste Stammtischthema war, als niemand von abkippenden Sechsern oder falschen Neunern fabulierte. Co-Trainer trugen Hütchen auf den Platz, Spezialbetreuer für Stürmer, Abwehrspieler oder Torhüter gab es nicht. Cheftrainer arbeiteten am ganzen Produkt. Und selbstverständlich auch am System, obwohl darüber viel weniger geredet wurde als heute. Uwe Seeler, der unter Schöns Leitung WM-Dritter (1970) und Vizeweltmeister 1966 wurde, findet noch heute: "Schön war ein Taktikfuchs."

Selbst die Legende vom Trainingslager Malente widerlegt diese Einschätzung nicht. Nach der 0:1-Niederlage im WM-Turnier 1974 gegen die DDR soll Kapitän Franz Beckenbauer am Ende einer Nacht mit reichlich Alkohol und vielen Zigaretten Schön die Aufstellung für die nächsten Spiele diktiert haben, in denen die Deutschen in die Spur fanden. Beckenbauer bestreitet das. "Ich habe ihm meine Meinung gesagt, die Verantwortung lag bei Helmut Schön", sagt der ehemalige Kapitän.

Zu Schöns Größe gehörte, dass er sich andere Meinungen anhörte. Und eine seiner besonderen Stärken war die Fähigkeit, seine Stars mit sehr viel Feingefühl und ausgesuchtem Respekt zu behandeln. Sie dankten es, indem sie sich für das gemeinsame Produkt verantwortlich fühlten. So führte er mit seiner zurückhaltenden, geradezu vornehmen Art eine der großen deutschen Fußball-Generationen zur Vollendung. Seine menschlichen Qualitäten, seine feinen Umgangsformen wurden ihm gelegentlich als Schwäche ausgelegt in einem Geschäft, in dem auch damals schon mal Lautsprecher den Ton angaben. Das hat ihn nicht beeindruckt. Er hat darüber ebenso leise gelächelt wie über das Ständchen, das ihm Udo Jürgens bei der Abschiedsgala gab. Die Mütze hatte er abgelegt.

(pet)
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