Fortunas Gegner Holstein Kiel Das Wunder von der Ostsee

Kiel/Düsseldorf · Aufsteiger Holstein Kiel führt die Zweitliga-Tabelle an. Nun erwartet das Überraschungsteam der 2. Bundesliga Fortuna Düsseldorf.

 Kiels Alexander Mühling bejubelt einen Treffer gegen Nürnberg.

Kiels Alexander Mühling bejubelt einen Treffer gegen Nürnberg.

Foto: dpa, dka

Im Verdacht, eine Fußballstadt zu sein, stand Kiel noch nie. Segeln, klar - dafür steht allein schon die Kieler Woche, die alljährlich im Juni rund drei Millionen Touristen und Sportfans an die Förde lockt. Handball, natürlich - schließlich ist der Turnverein Hassee-Winterbek, kurz THW, traditionell die Nummer eins der deutschen Szene. Seit 2015 freilich schwächeln die Handball-"Zebras" sportlich, hinken als Tabellenachter den eigenen Ansprüchen hinterher. Und nun schickt sich doch tatsächlich der Fußballklub der nördlichsten deutschen Großstadt an, dieses kleine Vakuum zu füllen.

Der Kieler Sportverein Holstein ist das Überraschungsteam der Zweitligasaison, führt als Aufsteiger nach 15 Spieltagen die Tabelle an. Vom "Wunder von der Ostsee" sprechen da viele bereits, wobei Erfolgstrainer Markus Anfang (43) den Ball flach hält. "So weit sind wir noch lange nicht", sagt der frühere Profi. "Fortuna Düsseldorf zum Beispiel ist in vielen Punkten besser als wir."

Understatement hat er also schon gelernt, der Novize im Profitrainer-Geschäft. 2010 stand Anfang erstmals als Coach an der Seitenlinie, damals beim Oberligisten SC Kapellen. Anschließend trainierte er drei Jahre lang die U17 von Bayer Leverkusen, wo er einst als 20-Jähriger seine Profilaufbahn begonnen hatte. Seit 15 Monaten nun schreibt er am Märchen von Holstein Kiel: Im ersten Jahr Aufstieg in die Zweite Liga, im zweiten womöglich der Sprung ins deutsche Oberhaus?

Ein wenig mehr zu diesem Thema wird man bereits am Samstag wissen, wenn das Gipfeltreffen des KSV mit dem Tabellenzweiten Fortuna Düsseldorf (Anstoß 13 Uhr) abgepfiffen ist. Nur ein Punkt trennt die beiden Kontrahenten, so dass der Sieger des direkten Vergleichs in jedem Fall Spitzenreiter sein wird. Es wäre der nächste Schritt zum großen Traum Gerhard Lütjes, Inhaber einer Einkaufscenter-Betreibergruppe und einer der reichsten Männer Deutschlands, der gemeinsam mit seinem Aufsichtsratskollegen Hermann Langness, Chef einer Supermarktkette, wirtschaftlich hinter dem Holstein-Erfolg steht.

"Dass wir so Fußball spielen können - das wussten wir", sagt Anfang. "Aber dass wir damit auf diesem Niveau auch so oft gute Ergebnisse erzielen, habe ich nicht erwartet." Auch deshalb nicht, weil sein Gerüst aus Profis besteht, die andere nicht mehr wollten ("Jojo" van den Bergh, Sebastian Heidinger) oder solchen, die bisher keinen großen Namen in der Szene besaßen - Dominick Drexler, Marvin Ducksch oder Kingsley Schindler. An Drexler und Schindler war der morgige Gast Fortuna interessiert, die Transfers scheiterten jedoch an den langfristigen Verträgen der Kieler. Dafür trugen Torhüter Kenneth Kronholm, Heidinger, van den Bergh und sogar Trainer Anfang einst das Fortuna-Trikot. Ein Aspekt mehr, der das Spitzenspiel so interessant macht.

(jol)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort